Es ist albern, unfair und ungerecht, Kissenbestickern und Heimarbeiten, die ihre Handwerkskunst mit Tatzen verzieren, die rechtliche Keule ins Haus zu schicken. Und es ist gut, wenn es Blogger gibt, die sich der Sache annehmen und dafür sorgen, dass die Geschichte in den Mainstream gelangt. Um dem Unternehmen den Spiegel vorzuhalten und deutlich danach zu fragen, wie man denn eigentlich mit einer Außenwelt umgehen will, in der aus "Endverbrauchern" mittlerweile Mitgestalter, Mitmacher, Entwickler, Entwerfer und Erfinder werden - die früher nur "Zielgrupppe" waren, heute aber zeigen, welche Aktivität sie entfalten können.
Was allerdings derzeit beim Werbeblogger passiert, nimmt schon recht groteske Züge an. In Robin Hood'scher Manier wird sich da in eine Rage geschrieben, die einem halbwegs nüchternen Betrachter in absurder Weise anmaßend und lächerlich erscheint: "Wir alle aber müssen bei allen berechtigten Emotionen auch dem Gegenüber eine Hand reichen, sonst gibt es nur Eskalation. [...] Wir brauchen Montagabend greifbare Ergebnisse! [..] Wir sollten nicht mehr darüber nachdenken, was wir gegenüber der
Vergangenheit aufgeben, sondern was wir heute gegenüber der Zukunft
gewinnen können. [...] Wir wissen, wir können nicht die Welt retten, wir können nur das
Bewußtsein schaffen! Der Rest muß aus der Blogosphäre und dem Volke
kommen [...].
Hier gerieren sich Leute als Unterhändler im Sinne einer großen Sache "des Volkes", spielen sich auf, als hätten sie ein Mandat und eine Mission zu erfüllen. Wer das liest, möchte meinen, dass es um den Untergang der Welt und die Bewahrung der Zukunft unserer Kinder geht. In Wahrheit hat ein Unternehmen mangelndes Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen beim Umgang mit einer kreativen Öffentlichkeit bewiesen. Ein Mittelständler, der Fleecepullover verkauft. Kein globaler Mineralölkonzern, der unser Überleben bedroht. Kein Lobbyapparat, der unsere Zukunft verkauft. Ein Klamottenladen.
Und das zeigt uns, dass viele von einem erwachsenen Umgang mit einer spontan entstehenden Medienöffentlichkeit noch weit entfernt sind. Wer im Jahr 2009 bei einer uralten Blog-Kamelle (David vs. Goliath, auch beim Werbeblogger tausendmal beschrieben, tausendmal diskutiert) noch in dieser Weise die Fassung verlieren kann, sitzt genauso in einer Echo-Kammer wie jene verbohrten Anwälte, die die aggressiven Kostennoten geschrieben haben. Wenn selbst große Blogs hierzulande in dieser Weise der Kinderstube nicht entkommen und bei einem Link von Spiegel Online [später aufgrund Kommentar ergänzt:] offenbar zeitweilig dem Größenwahn verfallen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Skeptiker damit Wasser auf ihren Mühlen sehen und solche Texte schreiben.
Mich macht traurig, dass eines der großen deutschen Blogs gerade dann, wenn ein wenig Scheinwerferlicht darauf gerichtet ist - es also seine Souveränität beweisen kann -, in dieser Art versagt. Wir brauchen keine größenwahnsinnigen Blogger, die ohne Augenmaß hantieren, sondern verantwortungsvolle wachsame Beobachter, die mit einer wachsenden Öffentlichkeit umgehen können.
==
(Kann übrigens sein, dass ich auf etwaige Kommentare nicht reagieren kann - das liegt aber nicht an meiner maßlosen Arroganz, sondern ich bin ab morgen früh in einem kleinen Offline-Urlaub, um mal andere Dinge im Kopf zu haben.)
Letzte Kommentare