Inspiriert durch diesen passionierten Blogpost von Molly Flatt auf dem WOMMA-Blog möchte ich eine Sache beschreiben, die mir immer wieder als arg unnütz auffällt - die Unsitte, Marketingansätze nach den Instrumenten zu benennen, die sie nutzen, anstatt nach den Effekten, die man erzielen will.
Früher war das einfacher: man machte Marketing für Produkte. Und dafür hat man unter anderem Werbung geschaltet. Innerhalb der Werbung wurde dann nach den Medien unterschieden, die man da so verwendet hat. Der eine konnte besser Werbefilme ausdenken, der andere konnte besser Printanzeigen malen. Und bei der Präsentation beim Kunden wurden vielleicht als erstes die Filmideen präsentiert, danach wurden die Plakate gezeigt. Es wäre aber niemand auf die Idee gekommen, zu erklären, dass man Printmarketing und Fernsehmarketing macht. Das war beides Werbung, und als das wurde es bezeichnet.
Heutzutage ist das anders. Heute macht keiner mehr Werbung. Alle machen irgendwelches Marketing. Und zwar immer bezeichnet mit dem Kommunikationskanal, den man verwendet: der eine macht Online Marketing, der andere macht Guerilla Marketing, der Dritte macht Twitter Marketing. Oder Mobile Marketing.
Dabei ist das eigentlich Unsinn.
Nehmen wir's mal beim Wort: Marketing ist schon immer der ganzheitliche Versuch gewesen, sein Produkt erfolgreich am Markt zu platzieren. Wenn man also Mobile Marketing macht, dann heißt das eigentlich wörtlich, dass man "Mobile" zu vermarkten versucht: "Guten Tag, was vermarktet Ihre Firma?" "Unsere Firma vermarktet Mobile. Wir haben hier noch vier Mobile rumliegen, die müssen wir irgendwie an den Markt bringen. Zweiundvierzig Mobile haben wir diese Woche schon verkauft."
Oder, anders illustriert: Procter & Gamble macht Weichspülermarketing. Volkswagen macht Automarketing. Das heißt aber nicht, dass Leute von P&G rumlaufen und Leuten vorschlagen, doch Werbeanzeigen auf Weichspüler zu kleben. Oder das Volkswagen Werbeflächen auf Autos anbietet.
Jetzt stellt sich die Frage, warum ich mich an so einer kleinen Vokablesache störe. Manch einer mag meinen: "Oetting, nun bleib mal ruhig, ist doch egal, wie man's nennt." Nee. Ist es nicht. Denn: wenn man es Twitter Marketing oder Facebook Marketing nennt, dann verstellt man sich selbst den Blick auf das, was wichtig ist, und redet nur noch über das, was relativ unwichtig ist. Man befasst sich nicht mehr mit dem Effekt, den man erzielen will, sondern man redet ewig über die Instrumente, die man benutzt. Und das ist nutzlos, unproduktiv, lenkt von der eigentlichen Arbeit ab und sorgt dafür, dass alberne Berater stundenlangweilige Vorträge auf Konferenzen halten und kostbare Zeit stehlen, die man eigentlich mit dem Nachdenken über die Wünsche der Kunden verbringen sollte.
Mal ein Beispiel: ganz viele Leute zerbrechen sich den Kopf darüber, wie man Twitter Marketing machen kann. Das ist aber die falsche Frage. Twitter Marketing macht genau ein Unternehmen, und das ist Twitter. Was man sich stattdessen fragen sollte, ist: welche Austausch- und Kommunikationsmechanismen mit potenziellen oder bestehenden Kunden können unserem Marketing weiterhelfen? Was würden wir am allerliebsten unseren Kunden bieten, ermöglichen, vorschlagen, bereitstellen, damit die kommen, kaufen, wiederkaufen und ihre Freunde mitbringen? Fänden unsere Kunden toll, wenn wir morgens bis nachts für sie zur Verfügung stehen? Fänden sie es super, wenn wir sie die Farben der neuen Produkte mitentscheiden lassen? Würden sie gern mit unseren Technikern über die Produktentwicklung reden? Was wollen unsere Kunden supergern von uns haben, damit sie begeistert sind? Was können wir uns ausdenken, um sie positiv zu überraschen?
Und dann erst, wenn man weiß, was es sein soll: Wo und wie können wir das umsetzen? Vielleicht auf Facebook? Oder mit einem Corporate Blog? Oder mit einem Event in einem alten Schloss? Oder mit Werbung auf Litfaßsäulen? Denn damit löst man auch das "Messbarkeitsproblem" - erst wenn man weiß, was man erreichen will, kann man das dann auch messen.
Daher hiermit ein Vorschlag in drei Schritten - an alle, die sich grade Gedanken dazu machen, wie sie am besten Social Media Marketing, Twitter Marketing, Facebook Marketing oder Klodeckelmarketing organisieren sollen:
- Bitte diese Begriffe sofort aus dem Gehirn löschen und anstelle von Facebook, Twitter, etc. die Produktkategorie stellen, die man vermarkten will. Oder besser noch: die eigene Marke.
- Erstmal verschärft darüber nachdenken, was die Fans und Kunden und Interessenten brauchen, damit sie begeistert sind, mehr kaufen wollen und ihren Freunden davon erzählen. (Dafür muss man allerdings erstmal Kunden verstehen. Und nicht Twitter oder Facebook.)
- Sich dann erst umgucken, welche Instrumente man dafür benutzen sollte: Klodeckelwerbung? Twitter-Dialog? Facebook-Interaktion? Austausch auf Blogs?
Nun könnte manch einer uns bei trnd natürlich vorhalten, dass wir selbst nicht besser sind: "Haha, Ihr macht ja selbst 'Word-of-Mouth Marketing'!"
Stimmt. Ist aber nicht das selbe. Denn wenn man von Word-of-Mouth Marketing spricht, dann meint man nicht ein Instrument. Sondern man beschreibt eine Haltung. Und genau das steht in Mollys Blogpost. Wer Word-of-Mouth Marketing macht, betrachtet seinen Marketingprozess und überlegt sich dann sehr genau, welche unterschiedlichen Instrumente man verwenden kann und soll, um die Kunden so zu begeistern und an das Unternehmen zu binden, dass möglichst viel positive Mundpropaganda entsteht. Beim Word-of-Mouth Marketing ist Word-of-Mouth nicht das Instrument, das das Unternehmen verwendet. Sondern es ist das Ergebnis, das man im Markt erzielen will.
Wir bei trnd verwenden dafür eine Reihe von Instrumenten: E-Mailings, echte Produkterlebnisse, Blogs, Postversand, eine Community-Plattform, ein wenig Twitter hier und da, Online-Befragungen und noch einen Stapel anderer Dinge. Die kombinieren wir so, dass das entsteht, was entstehen soll: Mundpropaganda. Wir machen Word-of-Mouth Marketing, denn wir versprechen unseren Kunden Word of Mouth als Ergebnis.
Wer Blog oder Facebook Marketing macht, verspricht seinen Kunden ... was als Ergebnis?
Auf das Resultat kommt es an. Nicht auf das Instrument. Und wenn Sie Twitter Marketing machen wollen, dann sollten Sie sich jetzt um einen Job bei Twitter bewerben.
(Ach so, ich twittere hier.)
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