Heute werde ich an meiner Hochschule meine Doktorarbeit verteidigen. Das bedeutet, dass ich zunächst eine knappe halbe Stunde lang meine Ergebnisse präsentiere und dann etwa eine Stunde lang von den Professoren zu meiner Arbeit befragt werde. Danach wird die Note festgelegt. Den Titel bekomme ich dann aber erst, wenn das Buch auch wirklich erschienen ist, was mindestens noch zwei Monate dauern wird. Als Vorbereitung auf die Verteidigung der Doktorarbeit müssen Thesen eingereicht werden, die die Inhalte der Arbeit knapp zusammenfassen. Die Thesen, die ich dazu eingereicht habe, sind die folgenden:
I. Ein theoretisch fundierter und empirisch überprüfter Ansatz zur Anregung von Mundpropaganda im Rahmen des Massenmarketingprozesses fehlt bislang, wird jedoch in der aktuellen Situation des Marketing dringend benötigt.
II. Die Praxis entwickelt derzeit ein breites Spektrum an Ideen und Ansätzen zur Anregung von Mundpropaganda, die jedoch fast ausnahmslos auf Trial-and-Error und subjektiven Erfahrungswerten beruhen.
III. Wenn man die Stimulierung von Mundpropaganda als eine Aufgabe der Marketingabteilung wahrnimmt, erscheint aus wissenschaftlicher Perspektive das Involvementkonstrukt als der vielversprechendste Ansatzpunkt.
IV. Involvement als Auslöser für die Abgabe von Mundpropaganda bietet im engeren definitorischen Sinn wenig Spielraum für die aktive Ausgestaltung von Marketingmaßnahmen, im weiteren Sinn eröffnen sich jedoch über den Ansatz der Mitwirkung Möglichkeiten zur Entwicklung von Handlungsoptionen.
V. Empowered Involvement - ein Konzept, das formativ aus den Dimensionen "Meaning", "Choice", "Competence" und "Impact" gebildet wird - stellt sowohl konzeptionell als auch aus praktischer Anwendersicht ein geeignetes Modell dar, um den Marketingprozess in Hinblick auf die Anregung von Mundpropaganda zu optimieren.
VI. Der empirische Versuch zeigt: wenn ein "Empowered Involvement" mittels Stimulierung der genannten vier Dimensionen durch Web-Interaktion unter Mitgliedern der Zielgruppe erzeugt wird, kann damit gerechnet werden, dass bei diesen die Bereitschaft zur Mundpropaganda signifikant ansteigt (im Vergleich zu einer Kontrollgruppe).
VII. Empowered Involvement bietet damit zugleich eine Antwort auf zwei zentrale Fragen:
1) Wie kann mit den modernen Instrumenten des Web ("Social Media", "Web 2.0") zielorientiert im Marketing gearbeitet werden?
2) Wie kann das Marketing systematisch Mundpropaganda anregen?
VIII. Konzeptionell rückt das Consumer Marketing durch Empowered Involvement näher an das Business-to-Business-Marketing und das Industriegütermarketing heran, wo bereits seit einiger Zeit ein stärkerer Fokus auf Interaktion gelegt bzw. gefordert wird.
Ich muss sagen, dass ich mit dem Resultat sehr zufrieden bin. Dies ist eine Arbeit, die nicht allein dem Anspruch an wissenschaftliche Forschung standhält (zumindest hoffe ich das, und werde es heute wohl erfahren). Es ist auch ein Ansatz, der für die Arbeit mit Twitter, Facebook & Co im Marketing praktisch genutzt werden kann und der hilfreiche Anregungen für den Alltag liefert. Das war mein Ziel, als ich mit dem Projekt Anfang 2005 begonnen habe, und das scheine ich erreicht zu haben.
Ach so. Und damit bin ich dann jetzt erstmal im Urlaub, bis Anfang Mai.