Ich kann's nicht verhehlen, ich bin Obama-Fan (unter anderem auch, seitdem mir David Weinberger schon im Frühjahr erzählt hat, dass Obama das Internet wirklich versteht!), und ich kann's kaum aushalten, gerade zu dieser Zeit in den USA zu sein, wo es jetzt um die Wurst geht und der Wahlkampf auf die Zielgrade einbiegt. Darum erwarte ich die letzte TV-Debatte heute abend auch mit großer Spannung.
Über eine wirklich interessante Word-of-Mouth Marketingaktion aus dem Obama Camp gibt es dazu aktuell etwas zu erzählen, von der ich schon vor einigen Wochen von einer Freundin bei einem Abendessen erfahren hatte: "The Great Schlep". Jetzt schreibe ich hier darüber, weil ich über einen Text von dem amerikanischen Journalisten Peter Ross Range in einem aktuellen Spiegel Online-Artikel wieder darauf aufmerksam gemacht wurde.
Die vielen jüdischen Senioren, die in Florida leben, sind ein wichtiger Teil der Wahlbevölkerung in den USA. Sie können das Zünglein an der Waage sein, wenn es darum geht, die US-Wahlen zu entscheiden - wie beispielsweise 2000, als Florida ja auch die Wahl entschieden hat. Normalerweise wählen viele von ihnen demokratisch, aber in diesem Jahr haben die Republikaner die perfide Taktik angewandt, zu verbreiten, dass Obama eigentlich Moslem sei und im Krisenfall nicht für Israel eintreten würde. Um diesem Vorurteil entgegen zu arbeiten, hat eine Gruppe jüdischer Aktivisten "The Great Schlep" erfunden: Sie haben die vielen Enkel der Florida-Senioren aufgerufen, nach Florida zu den Verwandten zu fahren und sie von Obama zu überzeugen!
Und? Die Sache scheint zu funktionieren:
"Großeltern lieben es, wenn die Enkel zu Besuch kommen - das ist laut [...] Ari Wallach die Logik hinter der Operation. Und wer könnte sie besser davon überzeugen, dass Obama wirklich kein Muslim ist, dass er nicht gegen Israel eingestellt ist, dass seine Rasse keine Gefahr für sie bedeutet? CNN hat erst in dieser Woche einen Bericht über einen jungen Juden aus Kalifornien gezeigt, der seine Großeltern [...] so erfolgreich bekehrt hat, dass sie die Kunde weiter trugen in den Schönheitssalon und den Seniorentreff vor Ort. Am Ende guckten die fröhlichen Rentner alle zusammen in die Kameras und riefen den Obama-Slogan: 'Yes we can!'"
Übrigens klingt "Schlep" nicht nur wie das deutsche Schleppen - damit ist es auch verwandt: es ist Jiddisch, und bedeutet so viel wie "sich abmühen mit", aber eben auch direkt "schleppen" (vermutlich kam's vom Jiddischen ins Deutsche). Hier ist die Bedeutung wohl eher "der große Treck", "die große Reise".
Ich find's jedenfalls cool. Als Anna neulich davon erzählt hat, war sie nicht sicher, ob die Sache funktionieren würde. Und nun scheint's richtig zu rocken!