Gestern war ich beim Zukunftskongress des Zukunftsinstituts. Heute bin ich, dank Einladung von Ralph Sonntag, in Dresden beim Zukunftsforum von T-Systems. Zukunft ist in Mode, wie es scheint. Ich freue mich besonders auf den Vortrag von Don Tapscott, den Autor von Wikinomics, der jetzt um 11 Uhr dran ist.
Tapscott beginnt mit dem Time Coverbild: "You", als Person of the Year - die Ausbreitung der Consumer Generated Media. Das sei aber "so 2006". Denn es geht nicht mehr um Kinderkram, sondern es wird künftig darum gehen, wie Innovation und Kollaboration in der Gesellschaft funktionieren. Und das werde das Unternehmertum und die Gesellschaft verändern.
Zunächst erläutert er, was sich am Internet verändert:
Erstens, der Zugang ist nicht mehr auf PCs beschränkt. Er erzählt von einem Freund, dessen sämtliche elektrischen Geräte alle IP-Adressen haben und wohl miteinander reden. Früher wurden Websites gebrowsed, heute Dinge. Von HTML zu XML. Nicht mehr Präsentation als Modus, sondern Computation als Modus - das Web als globale Rechnerplattform. Das alte Zitat, dass die Welt nur 5 Computer braucht, korrigiert er nach unten: die Welt braucht nur einen, das Web.
Zweitens, nun ist er bei den Digital Natives, die er in seinem eigenen Buch "Growing Up Digital" beschrieben hat, und zu dem er jetzt einen Nachfolger veröffentlichen wird: "Grown Up Digital". Während die Kids parallel am Rechner, am Handy, an der Playstation sind, läuft der Fernseher nur noch als Hintergrundrauschen. Eine Generation, die Informationen anders verarbeitet. Bemerkenswert: zum ersten Mal in der Weltgeschichte sind Kinder heute Autoritäten auf einem Gebiet, das extrem wichtig ist. Als Tapscott 11 war, war er Experte für Spielzeugeisenbahnen. Zum ersten Mal wissen heute 11-jährige etwas über ein Thema, das die Zukunft der Menschheit beeinflusst. Kollaboration, Unterhaltung, Innovation, Lernen, Networking... wird für diese Generation alles dasselbe. Es lässt sich nicht mehr unterscheiden, was nun was ist. Dass es von dieser jungen aktiven neugierigen supervernetzten Generation in Europa immer weniger gibt, ist ein großes Problem. Denn diese Leute wird man gerade künftig, wenn alles aufgrund von diesen Talenten funktioniert, dringend brauchen.
Drittens sind die kollaborativen Communities mit ihrer sozialen Revolution. Er zeigt jetzt, wie die neuen Seiten, die auf Kollaboration und Kommunikation setzen, die alten komplett aus dem Rennen werfen - Kodak EasyShareGallery vs. Flickr. MTV vs. YouTube. Facebook vs. Match.com (interessante Gegenüberstellung). Wikipedia vs. Britannica. Blogger.com vs. CNN. (Naja.) Und anhand eines höchst putzigen Beispiels von seinem Sohn, der eine Facebook-Community zum Wikinomics-Buch gebaut hat, demonstriert er, wie innerhalb von wenigen Stunden internationale Selbstorganisation gelingt.
Viertens, und darum soll es vor allem gehen: die ökonomische Revolution. Man musste Leute früher vernünftig systematisch organisieren, damit bei der Suche nach und Koordination von Mitarbeitern nicht so viel Zeit und Geld verloren geht, dass es keinen ökonomischen Sinn mehr hat. Das galt noch vor zehn Jahren. Und heute? Heute ist das alles anders. Ressourcen können auf einfachste Weise zugeordnet, gefunden, kombiniert und vernetzt werden. Aus Social Networking wird Social Production. Es geht um "Enterprise 2.0" und Massenkollaboration. Er erzählt daher nun die unterschiedlichen Geschichten aus dem Wikinomics-Buch:
Zuerst das Thema Peer-Innovation: Goldcorp Story: $ 575.000 als Preisgeld für Leute, die im Netz die Geografiedaten der Minen runterladen, weil das Unternehmen selber kein Gold mehr finden konnte und eigene Vorschläge machen, wo man suchen sollte - das Preisgeld von einer halben Million brachte über 70 Vorschläge und einen Return von $ 3.4 Billion in Goldwert. Er spricht jetzt über lauter Peer-to-Peer-basierte Angebote - Joost, Zopa.
Dann Ideagoras: Webplattformen, die dazu einladen, dass Ideengeber und Ideensucher einander finden: InnoCentive, Cambria House, Topcoders.
Drittes Thema: Prosumers. Das letzte Kapitel des Buches hat er kollaborativ mittels Wiki geschrieben. Und er berichtet vom Doritos Werbewettbewerb, wo es um die "Consumer Generated Doritos Ads" für den SuperBowl ging.
(Martin Röll weist mich grade darauf hin, dass zwei Reihen vor uns jemand sitzt, der gerade mein Blog auf seinem Rechner offen hat... Und er hat herausgefunden, dass es Martin Koser ist. #selbstreferenziell.)
Jetzt wird die Zeit knapp und er rennt ein wenig durch die weiteren Kategorien. Da versuche ich jetzt nicht mehr mitzuhalten.
Okay, Ziellinie...: "We are in the early days of a new paradigm for the enterprise." Und dann wird es wohl sehr viel Wandel, Veränderung, Verwirrung bei den Unternehmenslenkern bewirken. "Leadership" kann überall herkommen, es hängt nicht mehr allein davon ab, welche offizielle Rolle man hat, sondern davon, was man mit seinen eigenen Möglichkeiten hinbekommen kann. Leadership sozusagen "von innen".
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