Normalerweise schreibe ich ja nicht über Web-Plattformen, bevor es eine interessante Viral Marketing-Geschichte zu erzählen gibt, aber an dieser Stelle mache ich mal kurz zwei Ausnahmen, weil in beiden Fällen das Thema Mundpropaganda bereits konzeptionell eine wichtige Rolle spielt:
Ich bin immer daran interessiert, wenn verschiedene Elemente des Marketing-Mix (klassischerweise sind das ja erstmal die "vier P") dazu eingesetzt werden, Mundpropaganda zu stimulieren. Während es eine Reihe Beispiele dazu gibt, wie Mundpropaganda direkt in Produkte hineinentwickelt werden kann (also das P für Produkt - siehe dazu hier im Blog die entsprechende Kategorie "Ansteckende Produkte"), und sich die Werber momentan darauf stürzen, Mundpropaganda über Werbung anzuregen (also das P für Promotion - das umfasst alle viralen Werbeprojekte, etc.), sind Beispiele für Mundpropaganda über "Place" (also den Distributionskanal) und "Price" eher rar. Vor vielen Monden hatte ich mal davon geschrieben, dass die Weinerei in Berlin Mundpropaganda aufgrund ihres Preismodells bekommt - man kann dort selbst bestimmen, wieviel man Zahlen will (was mittlerweile ad absurdum geführt ist: es häufen sich Berichte von Leuten, die dort angeschnautzt wurden, weil sie "zu wenig bezahlen" wollten).
Ein neues Start-Up, das über seine Preispolitik einerseits Gespräche anregen will und andererseits auch eine Art Targeting erreichen will, ist Eve'n'Adam. Es handelt sich um eine Dating-Seite, bei der die Nutzer selbst bestimmen können, wieviel sie für den Dienst bezahlen wollen ("Pay-What-You-Want", PWYW). Die Summe, die sie dann bezahlen, wird 50-50 aufgeteilt: die Hälfte bleibt beim Unternehmen, die andere Hälfte geht an einen Verein, der Behinderte dabei unterstützt, den Weg in die Selbständigkeit zu gehen. Laut Thomas Ramge, einem der Macher des Projektes, steckt dahinter die Idee, dass gerade Leute auf die Seite aufmerksam werden, die sich für Nachhaltigkeit, soziale Fragen und einen ausgewogeneren Lebenswandel interessieren - damit in dieser Hinsicht ähnliche Leute auf der Plattform zueinander finden können.
Die zweite Plattform ist Kunba.de - das Kunden-Barometer. Ich habe immer mal wieder darüber nachgedacht, dass man eine Anlaufstelle im Netz schaffen sollte, bei der jeder Nutzer relativ spontan und ohne viel Aufwand eine aktuelle Meinung zu einem Produkt oder zu einer Marke hinterlassen kann. Damit man sozusagen in Echtzeit immer sehen kann, wie gerade die Mundpropaganda-Situation bei einem Unternehmen aussieht. Ich gehe davon aus, dass Mundpropaganda und die allgemeine Meinung von Kunden über ein Unternehmen sehr hohen Einfluss auf den Markterfolg von Firmen haben - was sich ja auch in den Arbeiten zum Net Promoter Score widerspiegelt. Wenn man nun einen Weg finden könnte, den aktuellen Stimmungsstand zu Marken und Produkten im Netz abzubilden, wäre das sicher interessant. Ob das mit Kunba.de gelingt, ist nur schwer abzuschätzen - denn wie so oft steht und fällt die Sache mit einer kritischen Masse an Mitwirkenden. Bisher gibt es noch wenig Content - XING hat sechs Kommentare (allesamt positiv, in der Kategorie 'Community' damit Top-Scorer), während bei den Autos Opel derzeit einsamer Top-Scorer ist, mit zwei positiven Kommentaren. Na, das wird sich sicher noch ändern...