Wer seine Web-Plattform mit geringem Budget bekannt machen will, hat nur zwei Möglichkeiten. Erstens - Mundpropaganda durch Beziehungspflege, wie ich das bereits vor einer Weile auf dem Blog von Sebastian Matthes beschrieben habe. (Aktuell ein sehr interessantes Beispiel für diese Art virales Marketing kann man bei Seesmic beobachten, wo der Gründer - Loic Le Meur - täglich mittels Videobotschaft die Interaktion mit seinen Hardcore-Nutzern und Fans sucht. Auf diese Weise werden sie eingebunden, sehen sich als Teil des Projektes und haben viel mehr über das Unternehmen zu erzählen, identifizieren sich außerdem viel stärker damit. Ein anderes interessantes Beispiel ist das Marketing von sonntagmorgen.com, das Jochen beschrieben hat - die Jungs setzen auch ganz bewusst auf Mundpropaganda durch Beziehungspflege, per Blog, Twitter und Co.)
Die zweite Möglichkeit ist die, dass man eine Plattform entwickelt, in die der Ansteckungsfaktor bereits eingebaut ist. Darüber habe ich auch immer mal wieder hier geschrieben und halte das - bei Web-Plattformen - für den wichtigsten Faktor überhaupt: die Plattform ist so konzipiert, dass jeder Nutzer automatisch, indem er die Plattform verwendet, neue Nutzer anlockt. In einem aktuellen Artikel bei Fast Company wird nun dieser eingebaute virale Effekt als großes Geheimnis der erfolgreichen Silicon Valley-Experten gefeiert - was natürlich Quatsch ist. Was dort beschrieben wird, ist schon lange unter dem Begriff Network Effects ('Netzwerkeffekte', manchmal auch 'Network Externalities' bzw. 'externe Netzwerkeffekte') bekannt. Richtig ist aber: die Wahrscheinlichkeit, einen großen Erfolg mit einer Web-Plattform zu landen, haben die Unternehmen, die ganz gezielt auf diese Effekte setzen. Daher empfehle ich schwerstens, den Fast-Company-Artikel zu lesen.
Um zur Illustration bei den genannten Beispielen zu bleiben: Ein Kunde von sonntagmorgen.com hat selbst keinen größeren Nutzen, indem er anderen die Plattform empfiehlt. Die Plattform wird - zumindest bei ihrem bestehenden Business-Modell - nicht von Mundpropaganda dank externer Netzwerkeffekte profitieren. In den meisten Fällen ist das bei E-Commerce-Ventures einfach so. Man kann höchstens über Widgets bzw. über Social Commerce - dass also die Kunden auf unterschiedliche Weisen selber zum Mitverkaufen angeregt werden - versuchen, eine größere Verbreitung zu finden. Daneben bleibt, wie gesagt, Mundpropaganda durch Beziehungspflege das probate Mittel, welches allerdings einige Ausdauer erfordert. Man hat andererseits den entscheidenden Vorteil, dass man bereits von Anfang an Geld verdienen kann, denn jeder Kunde ist zahlender Käufer.
Das sieht bei Seesmic dagegen ganz anders aus - die Nutzer dort werden, sobald sie die Plattform für die Veröffentlichung ihrer Videos verwenden, sofort andere einladen, dazu ebenfalls Video-Kommentare abzugeben. Damit ist der virale Effekt in die Plattform eingebaut. (Wie Geld verdient werden soll, steht dagegen wohl noch auf einem anderen Blatt.)
Loic hat aber damit beides: Mundpropaganda dank Netzwerkeffekten und Mundpropaganda dank Beziehungspflege. Es würde mich überraschen, wenn die Plattform nicht fliegt.