Auch wenn Wolfgang das hier ein wenig holperig findet, stehe ich dazu - Blogging ist Konversation, und Konversation kann ja auch ab und zu holperig sein. :-) Heute morgen geht es mit einer Art "VIP Panel" los - drei international bekannte Größen werden zum Thema "Five Years Back, Five Years Ahead" sprechen: David Weinberger, Steve Rubel und Neville Hobson. Die Keynote kommt von Philip Young.
Philip sagt, dass der wichtigste Wandel in der Kommunikationsbranche im Wechsel zwischen horizontaler und vertikaler Kommunikation besteht. Er sagt, dass man eigentlich eine Präsentation mit nur zwei Charts machen könnte - auf dem ersten Chart ein senkrechter doppelspitziger Pfeil, auf dem zweiten ein horizontaler Pfeil. Er beginnt mit einer Reise in die Vergangenheit, zeigt erste recht unterhaltsame Blogposts von Neville Hobson. Im Juni 2004 gab es die erste Veranstaltung "PR Blog Week", damals wurde über Transparenz gesprochen, darüber, wer bloggen darf und wer nicht, und darüber, dass damals der Glaube an die neue Transparenz das Leben vieler Leute verändert hat - von denen nun drei auf dem Panel sitzen und über diese Veränderungen sprechen.
Neville stimmt zu - sagt, dass die Art und Weise, wie gearbeitet wird, sich in unvorhersehbarer dramatischer Weise geändert hat.
Steve sagt, dass sich sein Leben in massiver Weise in den vergangenen 5 Jahren verändert hat. Dass er ganz neue berufliche Möglichkeiten bekommen hat, dadurch, dass er mit dem Bloggen angefangen hat. Obwohl das alles von Anfang an nichts anderes als ein völlig ungeplantes Experiment war. Ein Experiment, das den Schreibenden mehr klugen Köpfen aussetzt als auf andere Weise je möglich wäre. Die Möglichkeit, außerhalb der Firma online Beziehungen aufzubauen, führt dazu, dass mittlerweile immer häufiger die PR-Agenturen diejenigen sind, die in der Kommunikation die Strategie entwickeln - und nicht mehr die Werbeagenturen.
David: "If I could, I would marry the Internet and have its babies." Die Liebe zum Internet ist oft die Grundlage der Konversationen, die wir hier führen. Das Leben ist viel interessanter, als wir immer gesagt bekommen haben. Gesagt bekommen von den Medien, die minimale kleine Öffnungen haben, aus denen sie extrem kontrollierte Botschaften rauslassen. Dabei ist die Welt so unglaublich viel interessanter, als uns die Medien suggeriert haben. Wir schlafen kaum noch, weil es da draußen so viel Interessantes gibt. In den kommenden fünf Jahren wird die Hausauufgabe der PR-Agenturen sein, den Kunden mühsam beizubringen, dass sie PR nach alter Sitte nicht mehr machen dürfen. Dass man die schlechten PR-Instinkte der Kunden zurückhalten, stoppen muss, weil es einfach primitive Ansätze sind. PR-Agenturen müssen gegen PR nach alter Schule argumentieren.
Philip erklärt grade, dass die großartige Möglichkeit, die Social Media bieten, darin besteht, den Menschen zuhören zu können. (Mein Mantra: "Word of Mouth Marketing ist Zuhören.") Eine Statistik aus einer Umfrage im Jahr 2006, die die EuroBlog Forscher gemacht haben, ergab, dass die PR-Leute damals als wichtigste Möglichkeit der neuen Medien darin sahen, den Kunden gegenüber damit anzugeben, dass sie die modernste Technik beherrschen. Die Möglichkeit zuzuhören, wurde dagegen von den wenigsten als wichtig angesehen. Ein Jahr später sahen die Ergebnisse der Umfage schon anders aus, es gab mehr Verständnis dafür, dass die neuen Möglichkeiten der Online-Medien die PR-Landschaft extrem verändern werden.
Steve Rubel ist jetzt mit seinen eigenen Charts dran. Er will fünf Trends für 2013 vorstellen. Der erste Trend: in fünf Jahren werden Unternehmenswebsites nur dann noch eine Rolle spielen, wenn sie Dienstleistungen anbieten. Web Servies werden stark an Bedeutung gewinnen (Widgets, letztlich.). Der Content muss sich ausbreiten können. Der zweite Trend ist "Attention Crash". Der Input, den wir als Menschen verarbeiten müssen, übersteigt alles menschlich Fassbare. Er zitiert Hugh MacLeod: "Humans can't scale." Die Regel für die PR: vereinfachen, verkleinern, konkretisieren, glaubwürdig, emotionalisieren. Dritter Trend: "Digital Curators". Jede thematische Nische wird im Netz von Leuten bearbeitet, Leute, die entscheiden, was in einem bestimmten Bereich relevant und wichtig ist - also sozusagen Mini-Gatekeeper. Der vierte Trend: "Super Crunchers". Wer in dieser neuen Welt klarkommen will, muss mit den Riesendatenmengen umgehen können. Man muss künftig gerade in der Kommunikationswelt mit Statistik umgehen können. Google wird ein Marketing Operating System - und auf diesem System werden wir unsere Kampagnen organisieren müssen. Fünfter Trend: "Mass Collaboration" (oder auch: crowdsourcing). Die Herausforderung für die PR-Leute wird darin bestehen, die Kommunikationsdiziplin immer weiter in den Bereich offener Kollaboration zu schieben.
Neville Hobson erklärt grade, dass er zu Beginn der Veranstaltung über Twitter bei seinen Kontakten nachgefragt hat, was sie von dieser Session erfahren wollen, dass also mittels Twitter die Veranstaltung weit über den Raum, in dem wir hier sitzen, hinausgeht. Alles, was Neville im Fernsehen sieht, ist aufgenommen. Echtzeitfernsehen sieht er gar nicht mehr. Aber der Umgang mit Medien verändert sich einfach fundamental, wenn man sich an diese neuen Medien gewöhnt.
David: PR-Leute werden bezahlt. Was sie sagen, wird also mit Skepsis aufgenommen. Klar, sehr einfach. Was also tun? Erstens, ganz deutlich sagen, dass es so ist. Zweitens, Unternehmen können nicht authentisch sein, Individuen können. Daher sollte man den Unternehmen die Möglichkeit geben, nach außen zu kommunizieren.
Philip beendet jetzt das Panel und öffnet die Runde für das gesamte Publikum. Und erklärt nebenbei, dass Twitter für ihn - als Akademiker - zu schnell ist. Neben mir sitzt der Akademiker Thomas Pleil und twittert genau dieses Zitat an die globale Twittergemeinde... Ich höre jetzt hier erstmal wieder auf. Und hoffe, dass das alles nicht zu holprig war.