Am Wochenende sagte Peter Ambrozy (edelight) etwas sehr Passendes bei einem Unternehmerseminar, das von Studenten der RWTH Aachen ausgerichtet wurde: "Wenn ich meiner Oma erzähle, dass ich was mit Social Shopping mache, denkt die, ich leiste Sozialarbeit."
Der vielstrapazierte Begriff 'social', der im Web seit einer Weile eine etwas andere neue Bedeutung bekommen hat, macht nun auch vor der Werbung nicht halt: Wenn Facebook von Social Advertising spricht, dann hat das natürlich auch eher wenig mit Nächstenliebe und Hilfe für Bedürftige zu tun. In der New York Times (passwortgeschützt, daher hier ein PDF) und auch überall sonst kann man seit einigen Tagen von der neuen Initiative reden, die Facebook an den Start gebracht hat. Und prompt sind alle Web2.0-Medien voll mit Diskussionen und hitziger Debatte darum. Auch beim Werbeblogger wurde darüber diskutiert, ob das Ganze nun nichts anderes als eine überhitzte Spam-Maschine werden wird.
Social Ads funktionieren letztlich so (danke an Markus für den Tipp), dass sich Nutzer auf Facebook mit kommerziellen Seiten verlinken können, als "Fans". Sobald jemand mittels eines solchen Kontakts erklärt hat, dass er/sie Fan einer bestimmten Marke ist, kann diese Marke Werbung auf der Seite des Fans buchen. Außerdem soll über die Newsfeed-Funktion den Freunden einer Person angezeigt werden, wenn diese Person Produkte einer bestimmten Marke kauft. Auf diese Weise entsteht also quasi automatisiert Mundpropaganda - Information über meine Kaufentscheidungen werden Teil der automatisch erzeugten Kommunikation an meine Freunde/Kontakte bei Facebook.
Dadurch, dass die Nutzer zunächst selbst entscheiden müssen, ob sie überhaupt Fans einer Marke sein wollen, liegt die Kontrolle erst einmal beim Nutzer. Die Frage ist, welche Menschen das sind, die sich in dieser Weise als Fans einer Marke outen wollten. Bei Apple oder Nike mag das noch von allein gehen und auch attraktiv sein, aber viele andere Marken werden sich enorm anstrengen müssen, um überhaupt Nutzer davon zu überzeugen, sich als ihre Fans einzutragen. Denn die Frage, die sich stellt, ist: was haben die Nutzer denn davon, dass sie ihr Facebook-Profil und die Kommunikation an ihre Freunde als Werbefläche freigeben? Darüber wird bislang wenig gesagt.
Nachtrag 10:52 h: Konzeptionell ist sehr interessant, was am Schluss des Forrester-Blog-Posts steht, den ich oben auch verlinkt hatte: "Während traditionelle Suchmaschinenwerber wie Google und Yahoo Werbung bestimmten Suchwörtern zuordnen, können MySpace und Facebook Werbung einer noch viel durchschlagenderen Sache passend zuordnen - Menschen und ihren Beziehungen." Ich glaube nicht, dass das eine besser ist als das andere. Ich bin aber davon überzeugt, dass das die beiden Pfeiler sind, auf denen künftig das Marketing stehen muss. Entweder werbe ich mit genau den Themen und an den Orten, an denen die Leute nach Produkten / Angeboten suchen. Oder ich arbeite daran, dass ich Unterstützung für meine Kommunikation durch meine Kunden in ihrer informellen Kommunikation untereinander erhalte. Alles andere ist und bleibt Unterbrecherwerbung, und ist damit eher auf dem absteigenden Ast.