Das Web 2.0 wird von mutigen Marketingleuten als neue Möglichkeit gesehen, mit unterschiedlichen Zielgruppen im Internet neue Formen des Austausches zu erproben. Dabei wird jedoch häufig außer Acht gelassen, dass ein gekonnter Umgang mit interaktiven Dialogmöglichkeiten noch eine ganz andere Dimension im Marketing-Mix positiv beeinflussen kann: die Mundpropaganda – also ganz altmodisch: das gesprochene Wort.
Mundpropaganda ist schon lange als durchschlagende Macht im Marketing anerkannt. Lange Zeit wurde sie jedoch als kaum beeinflussbare Größe gesehen, der das jeweilige Unternehmen mehr oder minder hilflos ausgeliefert ist. Seit einigen Jahren ist jedoch die digitale Mundpropaganda auf dem Vormarsch, und es scheint mittlerweile Mode geworden zu sein, bei Werbe- und Internetagenturen "virale Kampagnenelemente" zu bestellen, die sich dank webbasierter Mundpropaganda fortpflanzen sollen. Und so beginnt nun auch das Massenmarketing, sich intensiver mit dem Thema zu befassen. Eine virale Werbeidee ist jedoch häufig nur bedingt geeignet, tatsächlich Mundpropaganda für eine Marke anzuregen. Erstens sind viele davon Rohrkrepierer, denn es gibt kaum Kreative, die wirklich garantieren können, dass sich eine Idee ausbreiten wird. Meistens müssen spezialisierte Dienstleister mithelfen und die Idee an möglichst vielen Stellen gekonnt platzieren, um überhaupt für Wahrnehmung zu sorgen. Zumal es in Zeiten von YouTube & Co. im Internet immer schwerer wird, mit der eigenen unterhaltenden Botschaft überhaupt wahr genommen zu werden. Aber selbst wenn amüsierte Nutzer im Netz den lustigen Film weiterleiten, sprechen sie damit noch immer keine Empfehlung für die jeweilige Marke aus – oft passiert sogar das Gegenteil: die unterhaltenden Elemente lenken von der eigentlichen Botschaft ab, die Leute vergessen, welche Marke eigentlich dahinter steckt.
Wissenschaft: Beziehungspflege
Um im Marketing der eigentlichen Mundpropaganda vielleicht etwas näher zu kommen, lohnt sich ein Blick in die entsprechende Wissenschaftsliteratur. Seit in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts US-amerikanische Forscher damit begannen, die besondere Rolle von Meinungsführern im Präsidentschaftswahlkampf zu erforschen, hat auch die Wissenschaft ein Interesse daran entwickelt, die Ursachen und Folgen von Mundpropaganda für den Geschäftserfolg zu erkunden. Und so hat es eine Reihe von Studien gegeben, die einen interessanten Blick auf das Thema Mundpropaganda erlauben – grade aus dem Blickwinkel der Möglichkeiten, die das Web 2.0 bietet. Die Forscher File, Judd und Prince beispielsweise haben 1992 eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass Kunden von Anwaltskanzleien, die eine bestimmte Dienstleistung in Anspruch nahmen, dann zu besserer und mehr Mundpropaganda für den entsprechenden Dienstleister bereit waren, wenn sie selbst aktiv am Dienstleistungsprozess beteiligt waren. Eine andere Forschungsarbeit aus dem Jahr 2000 von Gremler, Gwinner und Brown legt nahe, dass – ebenfalls im Dienstleistungskontext – persönliche Bindungen und Beziehungen zwischen Kunde und Mitarbeiter eine Grundlage für positive Mundpropaganda sein können: wo es Vertrauen und Vertrautheit zwischen Kunde und Unternehmensvertreter gibt, dort entsteht auch eher positive Mundpropaganda. Und nicht zuletzt wissen wir aus einer Reihe von Veröffentlichungen, dass das Maß an Involviertheit, mit dem sich ein Interessent für eine Marke und deren Produkte interessiert, auch die Bereitschaft zu positiver Mundpropaganda beeinflusst.
Zusammenfassend können wir sagen: Mitwirkung, persönliche Beziehung und Anteilnahme der Kunden – also eine insgesamt intensivere Beziehung und Bindung – sorgen für Mundpropaganda. Was vielleicht wie eine Binsenweisheit erscheinen mag, ist in Zeiten des Web 2.0 eine interessante Information. Denn während früher vielleicht der Tante-Emma-Laden oder der kleine Familienbetrieb noch die Möglichkeit hatten, dank intensiver Auseinandersetzung und persönlicher Bekanntheit in einen echten Dialog mit den Kunden zu treten, wird dies heute zu einem gewissen Grad dank Web 2.0 auch für Großkonzerne möglich.
Web 2.0 schafft Marken-VIPs
Manche Unternehmen haben dies verstanden und setzen verstärkt darauf – gerade in den USA, wo die professionalisierte Arbeit mit Mundpropaganda mittlerweile deutlich weiter verbreitet ist als in Europa. Aber auch hierzulande wird mittlerweile damit gearbeitet. Ein Ansatz, der in diese Richtung weist, ist die Arbeit mit einem eigenen Corporate Blog. In Deutschland betreiben beispielsweise Unternehmen wie die Tiefkühlkostmarke Frosta oder der Punktekartenanbieter Payback eigene Corporate Weblogs. Sie schaffen so eine wichtige Grundvoraussetzung für privilegierte Interaktionsbeziehungen mit interessierten Kunden und Fans. Ein richtig eingesetztes Blog ist letztlich nichts anderes als ein Fenster hinter die Kulissen eines Unternehmens. Und zwar nicht allein ein Fenster, durch das man schauen kann, sondern durch das man vor allem auch mit den Menschen im Unternehmen reden kann. Wer ein Blog liest, Kommentare hinterlässt, Antworten auf seine Fragen erhält, der baut eine persönliche Beziehung auf, ist involvierter, nimmt mehr Anteil am Unternehmen und... genau: macht mehr positive Mundpropaganda. Und zwar nicht allein im Netz, sondern auch und vor allem offline, in der "realen Welt". Die Beziehung wird zwar über das Netz aufgebaut, die Kommunikation, die weitergetragen wird, geht jedoch darüber hinaus!
Es müssen nicht immer Blogs sein, über die Unternehmen einen privilegierten Austausch mit interessierten Mitgliedern einer Zielgruppe organisieren. Das Unternehmen Mars/Masterfoods lässt eigene Mitarbeiter in Tiernahrungsforen auftreten – offen und klar als Mitarbeiter gekennzeichnet. Anstatt plump die Produkte des eigenen Hauses zu promoten, stehen diese Leute als Experten zur Verfügung, die hilfreiche Tipps und Hinweise zu ernährungsspezifischen Fragen geben können. Ganz unabhängig davon, welches Tierfutter verwendet wird. Die Folge ist, dass die anderen Forenteilnehmer auch hier einen persönlichen Draht aufbauen, eine Beziehung zum Unternehmen erleben. Wiederum Ausgangspunkt für positive Mundpropaganda. Auch bei trnd setzen wir voll auf den Aufbau und die Pflege von positiven Beziehungen zu Marken-Fans. Für jedes neue Projekt identifizieren wir diejenigen Mitglieder auf unserer Web-Plattform, die wirklich Interesse und Spaß an der Marke und dem Thema haben. Ihnen bieten wir exklusiven Zugang zu einer interessanten Innovation und einen direkten Draht ins Unternehmen hinein. Unsere Mitglieder wiederum honorieren dies, indem sie die jeweilige Marke mit Enthusiasmus und Mundpropaganda unterstützen – im realen Leben, in ihrem Freundeskreis, bei der Arbeit. Das wissen wir aus den vielen Berichten, die wir von den Mitgliedern während der Kampagnen erhalten.
Investition in Konversation
Zusammenfassend lässt sich festhalten: wer mit modernen Formen des Dialogs im Web arbeitet, der mag in der Summe (noch) nicht allzu viele Leute direkt erreichen. Dafür tätigt man jedoch eine wichtige Investition in die Zukunft. Denn diese Dialoge, dieser Austausch, diese Beziehungspflege helfen mit, eine stetig wachsende Gruppe von loyalen Fans aufzubauen. Solche Leute haben einen intensiveren Bezug zum Unternehmen – dadurch, dass sie im direkten Austausch mit den Mitarbeitern stehen, über Insider-Informationen verfügen und mehr wissen als andere. Das wissen sie zu schätzen und das zahlen sie dankbar zurück. In Form von Loyalität sowie in Form von Mundpropaganda und Empfehlungen. Worauf heute wohl kaum eine Marke verzichten kann.