Unter anderem arbeiten wir mittlerweile recht eng mit den Kollegen bei der OMG 4CE GmbH zusammen – dort sitzen die Experten für alternative und innovative Medienformate in der Mediaagenturgruppe des Omnicom-Netzwerkes. Mit der OMG4E haben wir gemeinsam die Kampagne für NIVEA organisiert. Ich hatte jetzt die Gelegenheit, mit Thorsten Mandel und Christian Heinemann über die Rolle von Word of Mouth Marketing im Media-Mix zu sprechen. Daraus ist das folgende kleine Interview geworden (ich weiß nicht mehr genau, wer was gesagt hat – daher habe ich die Antworten von beiden zusammengefasst):
Frage: Word of Mouth Marketing ist für die meisten Unternehmen in Deutschland eher Neuland. Welche Unternehmen sollten die Arbeit mit Mundpropaganda als Teil ihrer Marketingaufgaben ansehen? Gibt es welche, bei denen es besonders wichtig im Marketing-Mix ist und andere, die sich da eher zurückhalten können?
Thorsten/Christian: Grundsätzlich kann man Mundpropaganda-Effekte erstmal für jedes Produkt nutzen. Es ist aber nicht immer sinnvoll. Bei „älteren“ Produkten beispielsweise, die schon eine Weile auf dem Markt sind, muss ein guter inhaltlicher Aufhänger gefunden werden. Den gibt es aber nicht immer. Klar – einen lustigen Film kann „jeder“ machen. Aber das trifft nicht den Kern von Mundpropaganda-Marketing. Wenn man strategisch Effekte durch Mundpropaganda und direkte Weiterempfehlungen anregen will, dann geht das nicht mit dem 23. Me-Too-Produkt ohne eine wirklich merkliche Differenzierung vom Wettbewerb.
Bei einer Neueinführung oder bei einem wirklich kommunizierbaren Produktvorteil ist Mundpropaganda-Marketing auf jeden Fall interessant. Wir müssen dabei unsere Kunden jeweils individuell beraten.
Wir sehen aber auch noch andere Beschränkungen: Handelt es sich beispielsweise um ein Produkt, das vielleicht in einem sehr persönlichen Bereich genutzt wird, über den die Leute vielleicht nicht gern reden, ist Mundpropagandamarketing nicht unbedingt sinnvoll. Auf der anderen Seite: bei sehr erklärungsbedürftigen Produkte ist WoM sehr interessant – involvierte Meinungsführer können dann helfen, diese Produktdetails zu vermitteln.
Frage: Wenn man "Word of Mouth Marketing" als Oberbegriff ansieht, unter den verschiedene Aspekte fallen (Virale Werbung, Arbeit mit Online Communities, Arbeit mit Weblogs, Arbeit mit Word of Mouth Communities wie trnd), welchen Anteil am Media Budget sollten diese Kommunikationsformen haben? Gibt es Faustregeln für eine Budgetverteilung je nach Branchen oder Unternehmen? Oder wird derzeit eher noch experimentiert?
Thorsten/Christian: Das ist schwer zu beantworten, denn es hängt sehr von den Unternehmen ab. Derzeit muss man festhalten, dass aktives Word-of-Mouth Marketing für viele Unternehmen noch keine große Bedeutung hat. Zwar haben einige Unternehmen Lust auf neue, innovative Marketingformen, oft fehlt dabei aber die übergeordnete Strategie.
International agierende Firmen allerdings, vor allem die mit US-Hintergrund, ticken da schon etwas anders. Da wurde vielleicht auf dem US- oder anderen Märkten schon mal etwas Ähnliches umgesetzt, so dass von vornherein eine größere Affinität zum Thema existiert. Das Buzzword Viral hört man dagegen schon häufiger, so nach dem Motto "Lass uns doch mal was Virales machen". Aber so richtig erklären kann das meistens keiner. Die Kunden verstehen da oft sehr unterschiedliche Dinge darunter, am häufigsten denken sie an virale Filmchen.
Über die zukünftige Rolle von Word-of-Mouth Marketing am Marketingbudget lässt sich zurzeit nur spekulieren. In jedem Fall wird es abhängig sein vom Lebenszyklus und natürlich dem Produkt selber. Aber einen festen Wert kann man nicht pauschal angeben – das können 0% oder auch 100% sein. Aber wir glauben in jedem Fall, dass Mundpropaganda-Ansätze mehr Relevanz erhalten werden, ganz klar auch aus der strategischen Perspektive.
Frage: Wie hat sich das Interesse Eurer Kunden in Bezug auf diese Kommunikationsformen - also solche, die den Dialog mit und die Kommunikationsleistung durch die Zielgruppe mit einrechnen - verändert? Moderates Wachstum, starkes Wachstum, oder wenig Interesse?
Thorsten/Christian: Wir bringen es häufig eher selbst auf die Tagesordnung als die Kunden, aber es fällt heutzutage auf sehr fruchtbaren Boden. Wenn wir fragen, ob wir über das Thema reden wollen, dann sagen 99% unserer Kunden 'ja'. Allerdings ist damit nicht nur das Thema Viral/WoM-Marketing gemeint, sondern die gesamte Future Media Unit hier bei uns – mit ihrer kompletten Spanne von In-Game Advertising, Viral/WOM, Mobile Marketing, Social Netzworks bis DigitalTV. Da ist WOM ein Bestandteil, der gern gehört wird.
Frage: Was fällt Euch sonst noch zur Rolle von Word of Mouth Marketing im Media-Mix ein?
Thorsten/Christian: Der Einsatz von Word of Mouth Marketing muss immer individuell geprüft werden, die Geschichte hinter Marke und Produkt muss sich eignen. Es lässt sich nicht sagen, dass Word of Mouth in jedem Fall immer als Kommunikationskanal belegt werden muss.
Bis dato stehen solche Ansätze auch bei anderen Kampagnen oft relativ abgekoppelt und allein stehend da. Als Trend für die Zukunft sehen wir aber, dass Mundpropaganda-Ansätze bzw. viralisierende Kommunikationsmaßnahmen integrierter Bestandteil von klassischen Markenkampagnen werden. Für uns ist absolut entscheidend, diese Kommunikationsform strategisch richtig einzuordnen und Viralisierung-Effekte zu messen bzw. Prognose-Modelle zu entwickeln, die uns eine „Planung“ erlauben – erst dann wird WoM echter Bestandteil der Kommunikationsplanung.