Heute hatte ich ein interessantes Gespräch mit einer Studentin, die derzeit ihre Diplomarbeit zum Thema 'Authentizität' schreibt. (Ich habe ja neulich schon mal an einer Diskussion zu diesem Thema teilgenommen.) In der Diskussion entstand dann meine Definition dessen, was eigentlich Authentizität im Marketing ist, aus meiner Sicht:
- Man sagt, was man denkt und vermittelt klar und deutlich, wo das Unternehmen hin will.
- Das, was man sagt, lebt man auch - d.h. dass das unter Punkt 1 Gesagte kein Lippenbekenntnis ist, sondern sich in der täglichen Arbeit ebenso wie in der Strategie wiederfindet.
- Man ist bereit, diese Punkte im offenen Dialog mit seinem Publikum zu bereden, nicht nur mit einer Sender-Empfänger-Logik. Denn authentische Kommunikation entsteht dort, wo es Rede, Gegenrede gibt.
Die Studentin wollte mich dann mehrfach zu einer Diskussion dazu bewegen, dass die Dove-Kampagne ein Beispiel für "authentische Werbung" ist. Aber da musste ich immer wieder festhalten, dass die Dove-Kampagne alles andere ist. Man darf mich hier nicht falsch verstehen - ich finde die Kampagne sensationell. Aber authentisch ist sie nicht.
Und das ist auch das, was mich an der Authentizitätsdiskussion im Marketing häufig so stört: es geht den Leuten meistens überhaupt nicht darum, dass Unternehmen wirklich authentisch kommunizieren. Es geht in den meisten Fällen darum, dass Unternehmen so aussehen, als würden sie authentisch kommunizieren. Irgendwo konnte man lesen, dass das Casting für die Dove-Werbung länger dauert, aufwändiger ist, als ein normales Casting. Klar - man muss ja alte und nicht klassisch-schöne Leute finden, die dennoch cool rüberkommen... Eben: cool rüberkommen. Und auch diesem Brand Eins-Text kann man entnehmen, dass das alles Inszenierung ist. Von 'inszenierter Authentizität' sprach auch meine Gesprächspartnerin heute morgen.
Lustig: "inszenierte Authentizität". Wie soll das denn gehen?
Wer authentisch sein will, muss zu sich stehen und echten Dialog dazu erlauben und wollen. Alles andere ist Augenwischerei in Bezug auf Authentizität. Wobei Augenwischerei durchaus gute Werbung sein kann.