Jetzt ist Claus Moseholm dran - er stellt GoViral als Anbieter für Seeding vor, als Medienkanal für viralen Werbecontent. (Ich kenne und schätze Claus schon seit 2004.)
Er erkennt an, dass deren Arbeit nichts oder eher wenig mit der Art Mundpropaganda zu tun hat, über die ich grade eben in meinem Vortrag gesprochen habe - Mundpropaganda über Produkte. Es geht ihm eher darum, dass man einen neuen Weg eröffnet, Werbecontent zu verbreiten. Bei einer ersten Kampagne zeigt er, dass ein virales Seeding 14 Mal effektiver war als ein zeitgleich und zum selben Geld geschalteter Video-Banner. Das Vorteil an dieser Art Werbeverteilung sei, dass hier niemand passiv guckt, sondern sich aktiv involviert. Der Preis, den man zahlen muss, ist dass man guten Content braucht. Die Konsumenten werden diesen Content dann aktiv filtern, selbst kreieren und kommentieren, verteilen und empfehlen.
Den Mythos der exponenziellen Verbreitung versucht er jetzt zu zerstreuen. Er sagt ganz klar, dass die meisten Filme einfach nicht exponenziell verbreitet werden. Insbesondere, weil YouTube & Co. sehr viel Konkurrenz darstellen. Da setzt GoViral an. Anstatt zu hoffen, dass ein paar wenige Leute für enorme Verbreitung sorgen, versucht GoViral direkt beim Start auf Anhieb deutlich mehr Leute zu erreichen. Der Ansatz ist PR-verwandt: es geht darum, den interessanten Content nicht in der Werbeecke auf relevanten Sites versauern zu lassen, sondern in den Content-Bereich auf möglichst vielen passenden Sites zu bringen. Das läuft vor allem über Beziehungen und Kontakte zu den Betreibern der entsprechenden Sites.
Der Prozess ist drei-phasig: erst schmal an wenige ausgewählte Seiten, dann nach 2 Wochen an mehr Seiten. Und nach 6 Wochen bezahlte Platzierung auf kommerziellen Entertainment-Sites. Claus sagt, dass es jetzt immer üblicher wird, dass man für die Platzierung von Content auf Seiten bezahlen muss.
Ich habe gefragt, wie viele Filme sie ablehnen, weil sie nicht gut genug sind. Claus sagt, dass die Kunden sie jetzt immer stärker involvieren, d.h. oft können sie bereits bei der Entwicklung Einfluss nehmen. Aber sie lehnen immer wieder viele Kampagnen ab, weil es einfach keinen Sinn hat, schlechten Content zu platzieren. Denn er wird sich erstens nicht verbreiten und zweitens die Beziehungen zu den Sites schädigen. (GoViral kreieren die Spots üblicherweise nicht selbst, sondern arbeiten eigentlich immer mit den kreativen Agenturen zusammen.)
Eine virale Kampagne hat den Vorteil, dass sie einfach weiterläuft. Auch Monate nach dem Kampagnenlaunch bekommen die Filme immer noch Tausende Views. Die Mehrheit der Views entsteht eigentlich erst nach dem eigentlichen Kampagnen-Launch-Fenster. GoViral macht jetzt vor allem sogenannte 'Multiples-Kampagnen', die aus mehr als einem Film bestehen, die verteilt gelauncht werden können und damit mehr Aufmerksamkeit erzielen. Man kann an den Charts von Claus die 'weekend dips' sehen, dass die Viewer-Zahlen also am Wochenende zurückgehen. Claus, trocken: "This is what people do when they go to work."
Jetzt zeigt er die Qashqai-Kampagne und wie sämtliche Seiten im Netz dafür genutzt wurden. Die bisher umfassendste Kampagne, an der die GoVirals beteiligt waren. Sie haben 50.000 Produktinteressenten gesammelt, 1000 Testfahrten und 14 Millionen Views. Claus stimmt zu, dass es nicht um Mundpropaganda geht, sondern eher um Image und Reichweite im Netz.
Jetzt geht es um eine Kampagne für Quiksilver, bei der es darum ging, die Marke auch in Nicht-Surfer-Märkten zu etablieren (Skandinavien). Ein Zuhörer hat erzählt, dass der Film sehr viel Aufmerksamkeit erhalten hat, dass er den Film aber ohne Branding gesehen hat. Emmanuel erzählt, dass der Film - bei dem es unter anderem darum geht, Dynamit in einen See zu schmeißen, damit man anschließend drin surfen kann - in Frankreich sehr viel Kontroverse ausgelöst hat, wegen Umweltschutzüberlegungen. Claus findet, dass die Kontroverse aber vielleicht auch als ein positiver Effekt angesehen werden kann.
Mir hat an der Präsentation gefallen, dass Claus gar nicht versucht, seine Arbeit als Mundpropaganda Marketing zu verkaufen. Sondern dass er sagt, dass es sich um eine moderne und den geänderten Mediengewohnheiten angepasste Art der Werbeplatzierung und -verbreitung dreht.