Liegt schon eine Weile auf meinem 'Musste angucken'-Stapel. Jetzt am geruhsamen Karfreitag hatte ich nun die Gelegenheit dazu und habe mir drei Interviews über Second Life aus einer australischen Fernsehsendung angesehen: You Only Live Twice. Hier eine Kurzzusammenfassung, bzw. die aus meiner Sicht wichtigsten oder spannendsten Punkte:
Philip Rosedale, der CEO von Linden Labs (der Firma, die Second Life betreibt), erzählt, dass das 'virtuelle Areal', auf dem Second Life derzeit abläuft, etwas größer ist als zweimal San Francisco (Interview wurde am 19.3. gesendet). Zwischen den Nutzern werden monatlich rd. $ 15 Millionen umgesetzt. 120.000 Nutzer sind pro Tag etwa aktiv. Zum Thema 'Sex' in Second Life befragt, hat er sich eigentlich nicht wirklich geäußert, sondern eher das getan, was bei uns früher 'rumgedruckst' hieß. obwohl die Interviewerin einigermaßen insistiert hat. Die bestverkauften Dinge in Second Life sind derzeit seiner Auskunft nach hauptsächlich Ländereien, Kleidung, Schmuck und Möbel. (Sex als Ware etc. ist da sicher auch vorn dabei, aber wie gesagt, dazu äußert er sich nicht so richtig.) Wichtigste Einnahmequelle für Linden Labs ist die Grundsteuer, die sie erheben. Rosedale sagt, sie sei wichtig, weil sonst zu viele Leute zu viel Schrott in Second Life verteilen und der Raum, der dort zur Verfügung steht, nicht gewertschätzt wird. Als Vision für die Zukunft beschreibt er, dass mittelfristig auch andere Leute (in anderen Ländern beispielsweise) eigene SL-Server betreiben werden können, und auf diesen Servern unter anderem auch eigene Regeln festlegen können.
Ted Castranova ist Volkswirtschaftsprofessor und befasst sich mit ökonomischen Regeln und Prozessen in virtuellen Welten (nicht nur Second Life). Er spricht unter anderem darüber, dass man heute, wenn man wirtschaftlich über SL nachdenkt, anerkennen sollte, dass es eine Art unreglementierte Goldrausch- und Tourismus-Wirtschaft ist. Wer sich dort hinbegibt, um Geld zu verdienen, muss verstehen, dass das vielleicht nach ähnlichen Regeln funktioniert, wie wenn man irgendwo in Thailand am Strand den Touristen Dinge verkaufen will. Und ebenso verstehen, dass große Erfolge und Millionärsgewinne - wie bspw. im Landhandel etc., über die die Presse viel berichtet - absolute Ausnahmen sind, mit denen man in einer so wirtschaftlich unklaren Umgebung heute (noch?) nicht rechnen darf.
Clay Shirky ist auch Wissenschaftler und positioniert sich offenbar als Second Life-Kritiker. Er scheint SL durchaus nicht uninteressant zu finden, ihn stört offensichtlich nur der Hype, der um SL gemacht wird. Denn er sagt, dass die ganzen Ideen, die dabei begeistert diskutiert werden, alle eigentlich alt sind, und in früheren virtuellen Realitäten auch schon und genauso Thema waren. Letztlich führt er alle Begeisterung darauf zurück, dass die Leute weiter und wieder hoffen, sie könnten mit Telekommunikation das Reisen ersetzen - man braucht sich nicht mehr durch die Gegend zu bewegen, um andere zu treffen. Und seine These ist, dass das früher nicht ging und auch mit Second Life letztlich nicht möglich wird.
Disclaimer von mir: ich habe keine Ahnung von Second Life, war noch nie selber drin, und gebe hier nur wieder, was mir an den Interviews interessant erschien.