Am vergangenen Donnerstagabend hatte ich in Warschau die Gelegenheit, mich länger mit John Butman zu unterhalten, der gemeinsam mit Dave Balter das Buch "Grapevine" über Word of Mouth Marketing bei BzzAgent geschrieben hat. John arbeitet nicht nur häufig mit BzzAgent zusammen, er arbeitet auch sonst als Berater, hat mit oder für andere Firmen Bücher geschrieben und hält Vorträge.
Eines unserer Themen war die Frage, wie man wirklich begeisternde Vorträge hält. Ich spreche sehr gern vor Publikum, bemühe mich dabei, einerseits Wissenwertes zu vermitteln, andererseits aber auch unterhaltend zu sein, außerdem keine langweiligen Power-Point-Bullet-Point-Listen zu verwenden. Aber es gibt ja eine ganz andere Liga von Sprechern, die ein Publikum wirklich zu fesseln verstehen. In einer Art, dass die Leute hinterher weggehen und das Gefühl haben, etwas ganz Einzigartiges erlebt zu haben. John nannte in dieser Kategorie unter anderem Edward De Bono und Michael Hammer, die laut seiner Erfahrung beide wohl enorm fesselnde Vortragsweisen hätten. Außerdem nannte er einen ehemaligen Chef der Citibank, dessen Namen ich leider vergessen habe.
Wir haben versucht, verschiedene Faktoren zu sammeln, die großartige Reden oder Vorträge ausmachen. John meinte, es sei ganz wichtig, den Zuhörern das Gefühl zu vermitteln, dass man nicht einen x-beliebigen Vortrag hält, den man schon oft gehalten hat und auch noch oft halten wird, sondern dass das Publikum an einer Sache beteiligt ist, die im Hier und Jetzt passiert und bei der jeder Augenblick wichtig ist - vielleicht vergleichbar mit einer Band, die jedem Publikum das Gefühl gibt, an dem einen Abend nur und ganz allein für dieses Publikum da zu sein, anstatt einfach eine Song-Liste abzuspulen. Dann sagte er, dass es wichtig ist, wenn in einem Vortrag auch ein wenig von der eigenen Person, vom eigenen Empfinden durchscheint. Es soll nicht das gesamte Seelenleben preisgegeben werden, aber es ist wichtig, dass die Zuhörer merken, wer das spricht, wie der Mensch tickt, welche Gefühle hinter dem sachlichen eigentlichen Inhalt liegen. Und drittens hat er über Geschichtenerzählen gesprochen - Leute mögen Geschichten, hören ihnen gern zu, nehmen Anteil. Daher ist es wichtig, dass man in einem Vortrag gute Geschichten gut erzählt. Dann waren wir uns einig, dass Passion eine wichtige Rolle spielt. Es muss rüberkommen, dass der Sprecher wirklich von dem überzeugt ist, was er vermittelt. Dass seine Rede nicht ein aufgesetzter Sales Pitch ist, oder ein gelernter Text, sondern dass da Herzblut drin steckt. Mir war dann noch sehr wichtig, dass man - ganz simpel gesagt - Kommunikation mögen muss. So banal das klingt, man muss ein echtes Interesse daran haben, den Leuten, die einem zuhören, auch wirklich etwas mit zu teilen, was sie weiterbringt, was bei ihnen Gedankenprozesse anregt. Und man muss ebenso offen sein, die Kommunikation, die von den Zuhörern zurückkommt, auch für sich selbst nutzen zu können.
Angefangen hatte die Unterhaltung damit, dass wir über Alternativen zu Power Point gesprochen haben. Es ging darum zu überlegen, wie man Vorträge anders halten kann als mit den üblichen Charts, denn dazu hatte ich ihn nach seiner Meinung gefragt. Aber ich weiß mittlerweile gar nicht mehr, ob es wirklich eine Rolle spielt, was für Hilfsmittel man verwendet. Wenn man die obenstehenden Dinge beachtet, dann kann man vermutlich wirklich spannende Vorträge halten, ob nun mit Power Point oder ohne. Es gibt allerdings eine Sache, die man sich wohl kaum vornehmen kann. Ein gewisses Quentchen Charisma gehört wohl letztlich immer dazu, damit ein Redner passionierend oder begeisternd sein kann. Ob man das lernen kann, fällt mir schwer zu beurteilen.
Vielleicht hat ja der eine oder andere Leser hier auch einen Gedanken dazu, was wirklich spannende Vorträge ausmacht. Ich wäre interessiert daran.