Bei Microsoft ist eine interessante Geschichte passiert: bekanntlich hat sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren enorm darum bemüht, eine Kultur der offenen Kommunikation und des transparenten Austauschs über Blogs einzurichten. Von verschiedenen Seiten ist immer wieder anerkannt worden, dass diese Bemühungen von Erfolg gekrönt waren. Ein substanzieller Teil von Naked Conversations, dem Buch des ehemaligen Microsoft-Bloggers Robert Scoble und von Shel Israel, illustriert einerseits, wie sehr sich die Arbeit bei Microsoft durch Blogs und Blogger verändert hat. Andererseits spricht das Buch aber auch davon, dass es im Unternehmen weiterhin viele Zweifler gibt, die dieser Kultur der Transparenz und des offenen Austausches nicht viel abgewinnen können.
Aufgrund der aktuelle Titelgeschichte von Wired sind beide Welten nun aufeinander geprallt: die Wired-Leute Fred Vogelstein und Chris Anderson ließen sich beeindrucken von den Veränderungen, die sich bei Microsoft abspielen und berichten darüber in Wired. Aufgrund eines Fehlers der PR-Agentur jedoch gelangt aus Versehen das interne PR-Dokument, welches detailliert die Beziehung zwischen Microsoft und Wired beschreibt und Handlungsanweisungen für den Umgang mit den Journalisten gibt, in die Hände der - genau! - Journalisten! Dieselben Leute also, die angetan davon berichten, welche Kultur der Offenheit und Transparenz bei Microsoft entsteht, erfahren, welche enormen internen und verborgenen Bemühungen dahinter stecken, diese Geschichten zu platzieren.
Beide sind unsicher, ob das nun gut oder schlecht, ehrlich oder unehrlich ist. Mir fällt es auch schwer, das grade zu bewerten. Interessant ist aber schon zu beobachten, wie eine 'Geschichte von Offenheit und Transparenz' mit viel intransparenter Arbeit hinter den Kulissen platziert und gefördert wird. Und das ist letzten Endes wohl auch verständlich: Nur weil ein Unternehmen offene Kommunikation zu betreiben versucht, ist es gegenüber Journalisten dennoch mit größter Sorgfalt darauf bedacht, dass die 'richtigen' Geschichten dazu geschrieben werden. Trotzdem: es wirkt irgendwie seltsam und unpassend.
Gefunden habe ich's bei Robert, Fred Vogelstein ist der Journalist, den es betrifft, und Chris Anderson ist nicht nur Autor von The Long Tail, sondern auch Chefredakteur bei Wired, und auch er macht sich seine Gedanken.