In der Präsentation von Thomas und Daniel ging es um Case Studies. Was machen deutsche Unternehmen mit 'Social Software'? Was passiert in der Realität? Dafür wurden 15 Fallstudien erstellt, basierend auf Interviews mit Verantwortlichen und mit Experten und Bloggern, außerdem einer Content-Analyse der jeweiligen Netzinstrumente. Marketing- und PR-Firmen sowie sehr kleine Firmen haben sie dabei aus der Arbeit ausgeschlossen. Drei Firmen waren dabei, die eine eigene Web 2.0-Strategie haben (Siemens, BMW, Spreadshirt), außerdem 12 Einzelfallstudien (so auch der Merkel-Podcast).
Verschiedene Zitate von Kommunikationsleuten bei BASF beschreiben eine weit verbreitete Haltung: "Blogging canibalizes our communication.", "Blogging is below the leve of our communication strategies." Die Case Study von BASF ist ein internes Blog-Projekt. Dabei war sehr viel festgelegt, sehr viel wurde kontrolliert und reglementiert, wenige Leute durften kommentieren oder selber posten. Die Teilnahmequote war dann auch nicht besonders hoch. Aber es wurde Potenzial für weitere Entwicklung gesehen, auch wenn es noch sehr viele Zweifel und Vorbehalte im Unternehmen gibt.
Eine andere Case Study: der IKEA Podcast (deinemoeglichkeiten.de), der dafür genutzt wird, neue Mitarbeiter am Unternehmen zu interessieren: "recruit the iPod generation". Umgesetzt wurde es mit Annik Rubens, was der Popularität auf die Sprünge geholfen hat. Ergebnis: mehr als 100.000 Downloads. Aber eigentlich nur klassische PR im Online-Gewand.
Siemens hat eine eigene Social Web Strategie. Es gibt interne Blogs (CEO Klaus Kleinfeld unter anderem, aber auch andere), aber sie haben auch externe Projekte, verteilen beispielsweise News per RSS-Feeds. Trotz Strategie gibt es keine klaren PR-Ziele, die damit verbunden werden. Blog 100 war ein Projekt, bei dem 100 Tage lang jeder Mitarbeiter sein eigenes internes Blog starten konnte, die gemeinsam alle auf einer Aggregatorplattform zusammengefasst wurden. Anonyme Kommentare waren nicht erlaubt, man musste sich registrieren. Ergebnis: 337 interne Blogs wurden gestartet, 9073 haben sich für Kommentare registriert. Das Experiment wird weitergeführt und gilt als Erfolg.
BMW basiert seine Strategie speziell auf Podcast und Videocasting. BMW Oracle Blog, BMW Vodcast und der neue Club of Pioneers sind dedizierte Web 2.0-Projekte. Dazu kamen Event-bezogene Projekte, wie beispielsweise die Web-Berichterstattung von Automessen. Nischenkommunikation ist das Ziel, um besondere Interessen und Interessenten zu bedienen. Außerdem hatte man aus einer JD Powers Studie erfahren, dass iTunes-Hörer sich mehr für BMWs interessieren als Nichthörer, also auch aus dieser Sicht hat es ggf. Sinn, sich an dieses Publikum zu wenden. Die Podcasts sind Einwegkommunikation, aber es gibt auch Möglichkeiten, Feedback zu geben, wie auf den Blogs. Überraschend war, dass die auf Deutschland ausgerichteten Podcasts auch in den USA und in Japan herunter geladen wurden. BMW fand so Zugang zu neuen Interessenten-Communities im Netz.
Fazit: die meisten Cases haben eher experimentellen Charakter. Es geht darum, dass Unternehmen erstmal versuchen herauszufinden, was man da überhaupt machen kann. (Dass die Arbeit mit Social Software auch bei den Google Rankings hilft, scheint für die meisten Firmen eher Nebensache oder Überraschung zu sein.)
Dass der gekonnte Umgang mit Social Software die Mundpropaganda von Unternehmen positiv beeinflussen kann, scheint auch wenig ein Thema zu sein. Aber deswegen habe ich ja dazu meinen Vortrag gehalten. ;-)