Prof. Zerfaß spricht über die Theorien hinter den Veränderungen, versucht die Strukturen zu vermitteln, die helfen können, sich in den Entwicklungen zurecht zu finden. Nach Giddens wandelt sich die Kommunikations- und Medienlandschaft im Austausch zwischen Schaffung von neuen Strukturen und den darauf folgenden Aktionen darin. Wenn also jetzt grade Second Life als neue Struktur entwickelt wird, dann handelt es sich sozusagen um die Strukturenschaffung. Wandel entsteht aber erst, wenn darin auch wirklich nennenswerte Aktivität entsteht. Er zeigte dann Beispiele, wo sich überall Strukturen verändern. Technische Möglichkeiten wie Weblogs und Content Management Systeme, Handies oder andere Geräte werden sehr einfach nutzbar. In neuen Communities entstehen kooperative Kompetenzen, weil Leute plötzlich in neuen Netzwerken zusammen arbeiten (auch das sind Strukturen!) und sich damit identifizieren, und nicht mehr mit den Milieus, zu denen man sich früher vielleicht zugeordnet hätte. Parteien beispielsweise beginnen damit, ihre Programme nicht mehr im geschlossenen Kreis der alten Hasen abzustimmen, sondern indem sich Netzwerke um Wikis formieren, wo die Programm gemeinsam entwickelt werden. Werte (die auch Teil der Strukturen sind) ändern sich, weil Leute beginnen, "Lifestyle"-Konzepte zunehmend abzulehnen, Authentizität zu suchen und neue Einflüsse anzuerkennen - die Meinung eines Menschen im Web kann wichtiger werden als die Marke, die ein Promi trägt.
Sogenannte "Digital Natives" sind auch ein Thema seines Vortrages, also die jungen Leute, die völlig selbstverständlich mit den neuen Techniken aufwachsen. Das ist ein Thema, über das wir auch am ersten Abend gesprochen haben. Junge Leute werden heute nicht mehr als Empfänger von Media-Content sozialisiert, sondern als Sender von mobilem Content. PR und Marketing haben sich mit diesem fundamentalen Wandel aber noch überhaupt nicht genug auseinander gesetzt. Und damit entgleitet ihnen letztlich der Kontakt zu ihren Bezugsgruppen. Je mehr junge Leute in das relevante Alter hineinwachsen, desto dringender wird nötig, dass Unternehmen verstehen lernen, dass man diese Leute nicht mehr durch Sender-Empfänger-Ansätze ansprechen kann. Wer gewohnt ist, dauernd online zu sein und dauernd Content zu produzieren, zu vermischen, neu zu arrangieren, der hat wenig Interesse, einem Unternehmen passiv bei der Werbeselbstbeweihräucherung zuzuhören. Zerfaß: "It's the end of the control paradigm."