Robert hat mal wieder einen seiner berüchtigten 4-Meter-Posts verfasst, und da ich das Thema "Wie kommt's, dass in Deutschland weniger als in anderen Ländern gebloggt wird?" in den vergangenen Tagen mehrfach auch mit verschiedenen Leuten (in verschiedenen Ländern) recht interessant diskutiert habe, hier der Versuch einer kleine Kurzzusammenfassung inkl. eigener Kommentierung:
Grundlage ist, dass in einer Meta-Studie über das Bloggen in Deutschland die These der geringeren deutschen Blog-Aktivität aufgegriffen wird, unter anderem unter Bezugnahme auf die kürzliche Edelman-Studie. Welche Gründe - sofern es denn so ist - kann es dafür geben? Warum wird in Deutschland weniger gebloggt als anderswo?
- Robert: Die Deutschen "hinterfragen" erstmal und schielen zunächst beim Nachbarn, bevor sie selber was machen - unter anderem auch, weil sie durch Wohlstand träge geworden sind.
Ich denke, da ist was dran - hier wird erstmal lieber gemosert, bevor einfach ausprobiert wird. Ob das mit der Trägheit wegen Wohlstand stimmt, möchte ich aber bezweifeln. Ich denke eher, dass es hier eine insgesamt grüblerische und auf sorgfältige Analyse abzielende Grundhaltung gibt. Blogs kommt man aber nicht richtig bei, wenn man über sie nachdenkt. Wer sich aufs Ausprobieren einlässt, erfährt erst, wie das mit dem Bloggen so läuft und was das bringt. Da steht also vielleicht die deutsche Mentalität ein wenig im Weg.
- Robert: Die Medien behandeln die Blogs nur mit Meta-Artikeln, schreiben also über das Bloggen an sich, nicht jedoch über Themen aus der Blogosphäre, was daran liegt, dass wir 1.) keine PR-Spezialisten wie Loic Le Meur haben, die da vorkämpfen, 2.) es in Deutschland noch keine wirklich massiven Enthüllungen durch die Blogosphäre gab und 3.) dass die Medien außerdem begriffen haben, dass sie sich damit ins eigene Fleisch schneiden würden.
Ich denke, dass es hier noch an einer anderen Sache krankt: in den USA beispielsweise haben viele sehr renommierte Denker/Autoren/etc. das Bloggen als dynamischen neuen Veröffentlichungsweg entdeckt. In Deutschland scheinen viele (vermeintlich?) kluge Köpfe, die im Rampenlicht stehen, das Bloggen komplett zu ignorieren. Gibt es Professoren, die eloquent auf eigenen Blogs zur Diskussion einladen? Gibt es Wirtschaftsbosse, die echt zum Dialog zur Verfügung stehen? Wir haben keinen Lawrence Lessig, keinen David Weinberger und keinen Bob Lutz. Was wäre, wenn anerkannte Professoren, profilierte (?) Politiker oder auch mal Promis echte authentische Blogs führen würden? Das würde dem Thema insgesamt mehr Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit verschaffen. Ein anderer Punkt fehlt mir noch, die Medien betreffend: vielleicht liegt es auch daran, dass wir schon eine enorm kritische Presse haben. Wenn wir annehmen, dass die Deutschen per se sehr skeptisch sind, dann sind's auch die Journalisten. Und in der deutschen Medienlandschaft wird ja nun enorm viel kritisiert. These: Wenn vielleicht in anderen Ländern die Medienlandschaften weniger kritisch sind, dann werden dort eventuell die Blogger als notwendiges Korrektiv gebraucht? - Robert: Keiner der Bloganbieter hat genug Marktmacht, um wirklich für Aufmerksamkeit zu sorgen.
Bin nicht sicher, ob ich da zustimme - das ist eher eine Henne-Ei-Problem. Wenn wirklich massiv Leute bloggen wollen, dann werden sich auch fette Anbieter herauskristallisieren. - Robert: Es entwickelt sich langsam, aber es entwickelt sich.
Sehe ich ähnlich. - Robert: Früher oder später werden alle Menschen in irgendeiner Form eigene Websites haben, aber was darin dann blogartig ist und was nicht, und in welcher Vielfalt darauf dann Dialogfunktionen unterstützt werden, ist noch offen. Sie werden aber viele Techniken vereinen, wie Widgets, Feeds, Verlinkungen mit Freunden, etc.
Bin nicht sicher, ob ich dem zustimme. Ich weiß nicht, ob die Menschen wirklich alle ihr Zuhause im Netz haben werden, von dem aus sie anderen Fotos oder Filme zeigen, Informationen über sich per RSS-Feed verteilen, etc. Aber dass Blogs und klassische Website-Konzepte stärker ineinander laufen werden, denke ich auch. Die Frage wird dann sozusagen nicht mehr sein "Hast Du ein Blog?", sondern "Bloggst Du?", weil man kein "Standalone-Blog" mehr braucht, um bloggen zu können. - Robert: Und abschließend malt sich Robert aus, wie es ist, wenn wir dann auch noch mobil totalvernetzt sind und das Ganze dauerhaft und 'live' und immer stattfindet...
Naja, Visionen sind nicht meine Baustelle, aber die Zukunft wird sicher interessant bleiben. Und die Herausforderung ist dann nicht, bei was man alles mitmacht, sondern eher: bei was man sich traut, NICHT mitzumachen. ("WAS?! Du bist nicht bei Twitter?!" ;-)
So. Viel kürzer als Roberts Post ist das auch nicht. Aber'n bißchen. ;-)