Bei Matias auf VisualOrgasm (VO) zeigt der aktuell zuende gegangene Contest für SonyEricsson, dass bei dieser Art des Crowdsourcing (Matias sagt lieber Communitysourcing dazu) wirklich spannende Ergebnisse entstehen können. Insbesondere dann, wenn man auf eine entsprechend kompetente Community zugreifen kann. Bei Logos und Designs ist eine Design-Communirty natürlich erste Wahl, während sich für andere Arten des Crowdsourcing vielleicht andere Communities anbieten. Jeder, der eine thematisch ausgerichtete Community betreibt, könnte sich eigentlich mal das VisualOrgasm-Beispiel unter den Arm klemmen und bei Unternehmen aufmarschieren, die im entsprechenden Bereich tätig sind, und die vom kollektiven Input der eigenen Community profitieren könnten.
Wobei allerdings gesagt werden muss, dass bei VO natürlich nicht im klassischen Sinn kollektive Intelligenz angezapt wird. Ein besseres Beispiel ist der idealtypische Fall eines Wikipedia-Eintrags. Dort entsteht durch den kollektiven redaktionellen Input gemeinsam ein besserer Text, als ein Mensch allein ihn produzieren könnte. Bei VO ist es eher Crowd-Competing: denn die verschiedenen Teilnehmer machen ja nicht gemeinsam eine Sache besser, sondern treten im Wettstreit gegeneinander an. Aber das hat das Gebiet Design wohl einfach so in sich: es ist noch kein Design-Entwurf dadurch deutlich besser geworden, dass möglichst viele Leute daran rumgedoktert haben. Das weiß aus schmerzlicher Erfahrung derjenige, der schon erlebt hat, was passiert, wenn ein sehr engagierter aber wenig fähiger Kunden bei einer Design-Präsentation zum Stift greift und auch plötzlich "eine gute Idee hat, was man hier noch verbessern könnte".
Design hat viel mit Gesamtkonzeption zu tun, einem Bauchgefühl davon, was ein Entwurf auf welche Weise rüberbringen soll. Das lässt sich oft nur sehr schwer (sprachlich) an andere vermitteln, damit diese dann die Vision verstehen, teilen und die Umsetzung verbessern helfen können. Deswegen funktioniert Design mittels kollektiver Intelligenz/Kreativität nicht besonders gut. Kollektive Elemente entstehen dort eher durch zusätzlich hinzugefügte Votings. Allerdings wird auch hier in den meisten Fällen durch eine Jury-Entscheidung limitierend eingegriffen, denn was per Massen-Voting entschieden wird, muss nicht immer die beste Lösung sein. Aus Werbe-Pre-Tests weiß man, dass die Menge bei Design-/Kreativfragen eher dazu neigt, konservative Lösungen zu bevorzugen, weil diese eher den Gewohnheiten entsprechen und damit weniger unbequem sind. Durchbrüche oder wirklich Neues wird per Voting eher selten nach oben gewählt.
Also, bei Design eher Crowd-Competing, bei Texten geht es mit der kollektiven Entwicklung vielleicht besser? (Auch wenn hier passionierte Texter deutlich widersprechen würden... Der finnische Student Sami Viitamäki schlägt für eine Sortierung und Orientierung sein sehr umfassendes Flirt-Modell vor, das man auf seinem Blog in einer Grafik sehen und erklärt bekommen kann. Via Jochen.)
Ob es dagegen eine gute Idee ist, wirklich komplexe Produkte und Projekte (ein Auto beispielsweise) in einem dezentralen kollektiven Prozess zu entwickeln, möchte ich momentan eher noch bezweifeln.