Objektiv gesehen ist der Erfolg recht eindeutig: In der zweiten Woche Platz 50 in den Deutschen Blogcharts kann eigentlich nur eins bedeuten: die deutsche Blogosphäre hat sich mit Begeisterung auf Schlaemmer.tv und die damit zusammenhängende Volkswagen-Kampagne gestürzt.
Und was sagen die Kritiker? Bernd findet, es sei die bislang "beste Blogwerbeaktion Deutschlands". Ami dagegen sieht eigentlich nichts neues, sondern nur das alte Lied vom Werbe-Promi, der mit einem interessanten Thema kommt und damit Interesse erzeugt. Andreas findet das "Ghostwriting" traurig und schließt, dass es letztlich eben doch nichts anderes ist als Werbung. Aber damit vielleicht trotzdem keine schlechte.
Ich persönlich glaube, dass ein paar Kreative bei der beteiligten Agentur einfach ein Superbauchgefühl bei der Auswahl ihres Werbecharakters hatten. Zu antizipieren, dass der hemdsärmelige Typ Schlämmer genau die Sorte Mensch ist, auf die sich die Blogosphäre in dieser Weise einschießen würde, ist einfach gekonnt. Es ist sogar so gekonnt, dass die Blogger und Leser mitmachen und sich amüsieren, obwohl sie wissen (oder weil sie wissen?), dass es eine Kunstfigur ist. Obwohl es doch sonst immer hieß, dass Kunstfiguren auf (Corporate) Blogs nicht funktionieren. Zweitens ist gut an der Kampagne, dass die Marke sich so im Hintergrund hält. Es gibt kein Branding, keine "Werbecopy", das Unternehmen hält sich zurück. Für den Marktführer auf dem deutschen Automobilmarkt ist es eine respektable Leistung, verstanden zu haben, dass hier die Unterhaltung im Vordergrund stehen muss.
Was ist weniger gut? Naja, dass es eben eigentlich nichts mit Blogs zu tun hat. Blogs sind immer eine Einladung zum Dialog. Hier kann man aber kaum mit Hape Kerkeling in Dialog treten, und schon gar nicht mit Volkswagen. Das heißt, das, was Blogs eigentlich können - eine digital vermittelte Nähe und Austausch möglich machen - gelingt hier nicht. Das Blog wird schlicht zur Verbreitung von Lustigkeiten benutzt. (Das aber - wie oben gesagt - auf sehr gekonnte Weise.) Dass das bei den einschlägigen Blog-Puristen sauer aufstößt, ist natürlich zu erwarten. Aber letztlich offensichtlich völlig folgenlos. Ami sagt ganz richtig: "Mir ist das sowas von egal, ob Unternehmen Blogs machen, um damit zu werben. Sollen Sie. Es zwingt mich ja keiner, sie zu beachten."
Mundpropaganda im eigentlichen Sinn entsteht durch diese Kampagne nicht. Es wird kaum jemand hingehen und aufgrund dieser Spots und des Blogs darüber reden, was für ein cooles Unternehmen Volkswagen ist, und dass die Produkte echt gut sind. Aber es entsteht virale Werbung - also Werbung, die sich von selbst verbreitet, die Gesprächsstoff bietet. Ob sie Autos verkauft, weiß man nicht so genau. Wie immer bei Image-Werbung. Aber kann vermuten, dass sie positiv für die Marke wirken wird. Und die Agentur kann sich vielleicht am Schluss einen Preis damit holen...
Mein Fazit: mit Mundpropaganda Marketing hat das wenig zu tun. Virales Marketing ist es auch nicht. Aber es ist eine virale Werbekampagne, die aufgrund eines brilliant ausgewählten Testimonials hervorragend in der Blogosphäre funktioniert. Und auch das muss man erstmal hinbekommen.