Bei Robert Basic gibt es seit Freitag einen sehr ausführlichen Eintrag zu seiner Meinung, dass sich die Blogger in Deutschland - anders als ein Kommentator auf seinem Blog das sieht - nicht zu ernst nehmen, sondern nicht ernst genug. Robert macht diese Auffassung unter anderem daran fest, dass die Weblogs heute Möglichkeiten des Widerstandes, der Kommunikation und der Selbtsvermarktung bieten, die früher einfach nicht existiert haben. Unternehmen, die ihre Kunden schlecht behandeln, müssen mit negativer Presse aus der Blogosphäre kämpfen, die von Einzelmenschen losgetreten werden kann. LonelyGirl15 wurde innerhalb von Wochen weltweit bekannt, General Electric hat dafür Jahrzehnte gebraucht. Robert geht so weit, Utopien zu beschreiben, nach denen es vielleicht irgendwann möglich wird, dank der Kommunikation unter Privatmenschen über Blogs etc. internationale Krisen oder gar Kriege zu verhindern. Und daher empfiehlt er, die Wirkung der Blogs gerade auch in Deutschland nicht zu unterschätzen.
Ich weiß nicht, ob ich zum Visionär in diesen Dingen tauge, aber ich kann eine Anmerkung dazu beitragen, welche manchen Blogger interessieren könnte: Aus verschiedenen Gesprächen weiß ich, dass die Rolle der Blogosphäre INNERHALB mancher Konzerne viel intensiver diskutiert wird, als dies nach außen je zugegeben wird. Auch wenn man außen manchmal denkt "Die kümmert das gar nicht, das schwappt zwar hier über die Blogs, aber das nimmt doch eh niemand wahr?!", irrt man sich damit manchmal. Ganz im Gegenteil achten manche Unternehmen mit Argusaugen darauf, was im Netz über sie geschrieben wird. Die Presseabteilungen lernen, den eigenen Firmennamen bei Technorati einzugeben, die digitale Mundpropaganda ist mittlerweile in vielen Führungsetagen angekommen, und sie sorgt dort manchmal für Chaos und Durcheinander. Nur gibt das in den Firmen niemand zu! Es geht doch kein Pressesprecher an die Öffentlichkeit und erklärt "Tja, die Kritik aus der Blogosphäre setzt uns echt zu, hier hatten ein paar Leute schlaflose Nächte..."
Es gibt viele Blogger, die sich über eine Marke oder ein Unternehmen auslassen, sich beklagen und schimpfen, aber nie eine Reaktion aus den Unternehmen bekommen. Das liegt aber nicht notwendigerweise daran, dass die Unternehmen es nicht mitbekommen. Sondern es kann genauso oft der Fall sein, dass die Unternehmen artig und emsig mitlesen, aber einfach nicht wissen, was sie tun sollen. Es gibt noch keine Regeln für den Umgang mit Blogs. Die öffentliche Kommunikation zu wagen, ist den meisten Mitarbeitern streng verboten, der Pressechef will sich nicht mit Klowandbeschmierern abgeben, und ganze Abteilungen sind eher ratlos, was denn nun mit dem Spinner passieren soll, der da das Unternehmen schlecht schreibt. Bei Journalisten ist das einfacher - da gibt es klare Regeln, wenn ein Unternehmen in einer Zeitung zu viel Ärger bekommt, dann kann man hinter den Kulissen agieren. Chefredakteur anrufen, mit Werbeentzug drohen, über den Aufsichtsrat Druck ausüben. Aber bei Blogs? Da ist hinter den Kulissen gleich vor den Kulissen. Das beherrschen die Unternehmen aber nicht, denn für das Waschen schmutziger Wäsche in der Öffentlichkeit sind sie nicht gemacht.
Also - mein Zusatz zu Roberts Text: man sollte nicht die Wirkung der Blogosphäre auf manche Unternehmen unterschätzen. Nur weil sie sich nicht rühren, heißt das nicht, das sie nicht da sind...
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