Ich habe nochmal länger über die Geschichte um Google und die Post an die US-Medien nachgedacht. Zunächst habe ich das hier nur gepostet, weil ich die Sache spontan einfach sehr absurd fand. Nach längerem Nachdenken und nach der Auseinandersetzung mit einem Blog-Eintrag bei Karsten Hoffmann komme ich darauf jetzt nochmal zurück, denn mir wurde etwas verspätet klar, dass es ja hier ganz direkt um Mundpropaganda geht.
Dieses Blog handelt tagaus tagein von Mundpropaganda für Marken, und davon, wie man sie anregen, unterstützen, verbessern kann. Ich würde ganz grob gesagt behaupten, dass es eine Hierarchie der Arten von (positiver) Mundpropaganda gibt:
- Stufe: Virale Werbung: Auf der ersten Stufe steht die Kommunikation des Unternehmens, die weitergetragen wird - wenn also Werbung nicht nur funktioniert, weil sie den Absender erreicht, von ihm aufgenommen und behalten wird, sondern von ihm aus weitere Leute erreicht. Das ist die simpelste Form der durch Unternehmen angeregten Mundpropaganda, und vermutlich auch die mit der geringsten tatsächlichen Umsatzwirkung. Aber trotz mancher Kritik ist sie ein Marketingerfolg und daher zur Zeit auch recht beliebt.
- Stufe: PR-artige Mundpropaganda: Wenn Leute positive Geschichten über ein Unternehmen oder über eine Marke verbreiten, weil sie einen besonderen Bezug dazu haben oder Gründe finden, darüber positiv zu sprechen. Corporate Blogs sind eine Möglichkeit, um Unternehmen ins (digitale!) Gespräch zu bringen, gut gemachte PR-Geschichten, oder Open Source Marketing sind weitere Möglichkeiten zur Anregung und Unterstützung von Mundpropaganda. Auch hier wird nicht direkt ein Produkt weiterempfohlen. Aber ein Unternehmen steht in der Konversation in einem guten Licht da, die Beteiligten der Unterhaltung erinnern sich vielleicht bei ihrem nächsten Einkauf daran und werden sich ggf. daran orientieren.
- Stufe: Produkt- oder angebotsbezogene Mundpropaganda aufgrund von Erfahrungen mit Angebot/Marke: Das ist die wirklich durchschlagende Form der Mundpropaganda, die Sorte, die Umsatz treibt und Gewinne sprudeln lässt. Wenn Menschen einander ans Herz legen, ein bestimmtes Produkt zu kaufen oder auf eine bestimmte Dienstleistung zu vertrauen, weil sie selber gute Erfahrungen damit gemacht haben, dann erzeugen sie eine Art Mundpropaganda, die wirklich und zweifellos zum Geschäftserfolg beiträgt. Durch Seed Marketing oder Beta Testing kann man so etwas erreichen, und vor allem durch ein einfach wirklich gutes Angebot.
- Stufe: Das Nirvana der Mundpropaganda entsteht m. E. dann, wenn die dritte Stufe erreicht ist und überschritten wird. Das Produkt ist so gut und anerkannt, es ist so allein auf weiter Flur, dass die Kunden oder Konsumenten letztlich kaum mehr eine wirkliche Alternative dazu sehen und schließlich beginnen, den Markenbegriff selbst anstelle des Produktgattungsbegriffs zu verwenden. D.h. die Leute müssen gar nicht mal mehr explizit über das Produkt sprechen, sondern sie bauen es fast schon unbewusst in die eigene Konversation ein - die Marke ist zu einem Teil der Sprache geworden. Kleenex, Tempo, Golfklasse, ... Google. Und letzteres soll nun der Presse verboten werden? In welcher Weise schadet es denn Google, wenn jemand sagt "Ich google das mal eben" und dann aber bei Yahoo guckt? Die Zuhörer haben doch in jedem Fall an Google gedacht? Oder wäre es besser für Google, wenn der Sprecher hier gesagt hätte "Das yahoo-e ich jetzt mal." Und wenn ja, wieso?
Also ich verstehe das nicht so richtig. Ich dachte Mundpropaganda-Nirvana sei für Marken erstrebenswert...?