Es kommt immer mal wieder vor, dass ein Unternehmen bei Bloggern ungerechtfertigt in die Kritik gerät. Derartige Inhalte können sich dann sehr schnell über die Blogs verbreiten und längerfristig negative Folgen für die Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit haben. Folgend eine kleine Zehn-Punkte-Sammlung mit Faustregeln, die meiner Ansicht nach für solch einen Fall hilfreich sein könnten:
- Grundsätzlich ist es wichtig, die Blogosphäre und relevante Foren regelmäßig im Blick zu haben, um frühzeitig reagieren zu können.
- Beginnt eine Geschichte sich auszubreiten, ist zunächst zu klären: Wo ist die Quelle der negativen Online-Mundpropaganda? Negative Meldungen fangen meistens auf einem einzelnen Blog an – es ist wichtig zu wissen, wer das Thema in die Blogosphäre getragen hat.
- Dazu ist wichtig: Wer sind die reichweitenstarken Blogger, die solche Kritik weiter tragen? Häufig beginnen Geschichten auf kleinen Blogs und werden dann von größeren aufgenommen. Man sollte sich auch viel gelesene große Blogs ansehen, die dem Thema Aufmerksamkeit und Reichweite verschaffen. Am einfachsten kommt man der Sache auf die Spur, wenn man den eigenen Unternehmensnamen oder ein Schlüsselwort des Problems bei Technorati eingibt. Mit der "Authority"-Funktion kann man dabei die entsprechenden Blogs nach Einfluss sortieren. Aber selbst eine einfache Google-Suche kann schon wichtige Informationen liefern.
- Anschließend sollte man für einen ersten Schritt in jedem Fall strikt vermeiden, mit rechtlichen Schritten zu drohen. Nach Androhung von Rechtsmitteln solidarisiert sich häufig die Blogosphäre mit dem betroffenen Blogger (selbst wenn dieser die Unwahrheit verbreiten sollte), es entsteht eine Art "David-gegen-Goliath-Effekt".
- Stattdessen ist eine transparente, direkte und ehrliche Ansprache gegenüber dem "Ursprungsblogger" sowie reichweitenstarken weiteren Bloggern, die die Geschichte verbreiten, angeraten – Blogger sind Menschen und ihre Blogs sind Instrumente des Gesprächs und des Austausches. Dies sollte man respektieren, wenn man sich an sie wendet. Nichts ist natürlicher, als mittels Kommentar sachlich und höflich auf die Kritik einzugehen und die abweichende Sicht des Unternehmens darzustellen. Dabei ist zwingend notwendig, sich auch als Angehöriger des Unternehmens zu erkennen zu geben. Das hilft dabei, Glaubwürdigkeit und Respekt aufzubauen. Wenn man dies vorher per E-Mail abspricht, kann in manchen Fällen auch ein freundliches und respektvolles Telefonat viel bewirken - wenn man beispielsweise nicht die gesamte ausführliche eigene Sicht in einen Kommentar schreiben will.
- Je nach Schwere des Problems kann man mglw. auch ein persönliches Treffen mit beteiligten Bloggern initiieren. Wenn man sich persönlich gegenübersitzt, lässt sich manchmal noch leichter eine gemeinsame Sprache und eine Einigung finden, wie die Sache korrekterweise dargestellt werden sollte.
- Als Unternehmen sollte man nicht erwarten, dass die Blogger einmal geschriebene Einträge wieder löschen, auch wenn Einigkeit darüber herrscht, dass die Darstellung verändert werden sollte. Auf Löschungen zu drängen, läuft dem Grundsatz von Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Blogosphäre entgegen. Stattdessen werden die Blogger eher neue Einträge schreiben, die die alten ergänzen oder geraderücken. Außerdem werden sie unwahre Angaben in alten Blog-Einträgen vielleicht streichen (
Etwa so sieht das dann aus.) und ggf. die Streichungen dort direkt kommentieren. - Freiheit der Meinungsäußerung ist das höchste Gut in der Blogosphäre. Wer in seinen Reaktionen zu erkennen gibt, diese – wenn auch nur momentan und auf den Einzelfall bezogen – einschränken zu wollen, wird andauernde und z. T. sehr aggressive Reaktionen auslösen. Diese werden danach noch lange mittels Google im Web zu finden sein.
- Ein eigenes Blog ist letzten Endes der beste Weg, um ungerechtfertigter Kritik im Dialog zu begegnen. Man hat eine eigene Plattform, auf der man die eigene Sicht der Dinge auch ausführlich darstellen kann, und mit der man sich zugleich - beispielsweise durch Trackbacks - an der Diskussion auf den anderen Blogs beteiligen kann.
- Bei gerechtfertigter Kritik gibt es dagegen kaum ein Mittel – gerade wenn Produkte schlecht oder Dienstleistungen unbefriedigend sind, dann hat jeder Mensch, ob Blogger oder nicht, das gute Recht, das auch anderen mitzuteilen. Blogger tun dies im Netz und lesbar für andere. Damit müssen Unternehmen leben und schlicht ihre Leistungen verbessern.
Sollte ich wichtige Punkte oder Anregungen vergessen haben, würde ich mich über entsprechende Ergänzungen in den Kommentaren freuen. Ich trage sie dann hier im Eintrag nach.
Auch dieser Eintrag basiert auf einem Auszug aus meinem Kapitel (Artikelentwurf als PDF) für das Buch von Dr. Schwarz.
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Nachtrag 10.08.2006: Bei Jochen Krisch findet man eine tolle Geschichte dazu, was für Vorteile ein eigenes Blog für ein Unternehmen bringt, am Beispiel der Firma Kelterei Walther.