Beim Lesen im Spiegel fiel mir grade auf, dass die häufig geführte Diskussion darüber, ob Blogger denn nun eigentlich Journalisten sind, vielleicht gar nicht die richtige Diskussion ist. Anders herum wird doch eigentlich erst ein Schuh draus: Die meisten Journalisten sind viel zu häufig nichts anderes als Blogger.
Durch das Bloggen merke ich mittlerweile, wie es sich anfühlt, wenn man Texte schreibt, bei denen man auf eine gewisse Wirkung aus ist. Und deshalb nehme ich das, was andere schreiben - auch auf Papier - heute mit etwas anderen Augen wahr. Früher habe ich deutlich leichtfertiger und naiver dazu geneigt, einen Text in einer "offiziellen Veröffentlichung" (Tageszeitung, Fernsehen, etc.) eher kritiklos hinzunehmen. Heute weiß ich mehr darüber, wie Sätze entstehen, die das Denken des Lesers in eine bestimmte argumentative Richtung lenken sollen, mit denen man einen bestimmten Punkt zu machen versucht, etwas kritisch oder auch unkritisch (!) kommentiert, oder seine eigene ganz persönliche Sicht der Dinge darzustellen versucht.
Und diese Sätze funktionieren in den "offiziellen Veröffentlichungen" auf dieselbe Weise. Es gibt keinerlei Unterschied zwischen der Meinung eines Journalisten oder der eines Bloggers, oder der von sonst irgendeinem Menschen auf der Erde. Es ist einfach nur eine Meinung.
Und daher finde ich, dass Journalisten genau dann, wenn sie zu kommentieren beginnen und ihre Meinung abgeben, also eine Tendenz in der Berichterstattung zeigen, nicht mehr und nicht weniger als Blogger sind. Menschen mit einer Meinung, die sie medial äußern.
Einen Unterschied gibt es bei allem, was vorher abläuft, nämlich bei der Recherche und Informationsaufbereitung. Journalisten sollten viel wissen über das Thema, zu dem sie schreiben. Dafür werden sie bezahlt, und dafür werden sie gebraucht. Solange Journalisten sich also mit aller Sorgfalt um ausgewogene Berichterstattung bemühen, und das Menschenmögliche tun, um Subjektivität und Tendenz dabei zu minimieren (komplett ausschalten lässt sie sich nie), haben sie eine eigene originäre Aufgabe, die für das Funktionieren unserer Gesellschaft dringend notwendig ist.
Da, wo sie anfangen, Meldung mit Meinung zu vermischen, oder wo sie ganz offiziell zu kommentieren beginnen, sind sie nicht besser und auch nicht schlechter als Blogger. Sie treten damit in ein anderes Gebiet über, in das der freien Meinungsäußerung. Und das ist nicht den Journalisten qua Profession vorbehalten, sondern darin dürfen sich alle üben. Denn auch das ist für das Funktionieren unserer Gesellschaft dringend notwendig.
Journalisten also, die grundsätzlich nichts anderes als tendenziöse Texte schreiben, bei denen es auf die Qualität der Recherche nicht unbedingt ankommt, sind also nichts anderes als Blogger, oder? Damit wäre die Bild-Zeitung wohl auch ein Blog. Nicht mehr und nicht weniger. Blöd nur, dass man dort nicht richtig kommentieren oder trackbacken kann...
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