Wenn man für eine Marke positive Mundpropaganda anregen will, dann sollte man sich Gedanken um besonders intensive Beziehungen zu engagierten und begeisterten Kunden machen, über Produkte, die bei ihrer Benutzung eine ansteckende Wirkung entfalten, oder über Werbung, die Leute gern per E-Mail weiterleiten, weil sie einen grauen Tag vielleicht unterhaltsam auflockern hilft.
Manchmal holen Unternehmen aber auch die ganz große Keule raus und sorgen einfach durch enormen Mitteleinsatz für viel Gesprächsstoff, der anschließend die Runde macht. In Deutschland ist dafür natürlich Berlin immer wieder ein gern genommenes Pflaster, und so hatte ich gestern und heute gleich zwei Gelegenheiten, an Mundpropaganda-trächtigen Markenspektakeln teilzunehmen:
Gestern abend wurde der neue Hauptbahnhof mit einer imposanten Licht- und Klanginstallation eingeweiht, außerdem gab es ein (nur zum Teil überzeugendes) Rahmenprogramm. Nach dem Spektaktel wurden dann um 23:15 h die Türen geöffnet und wir konnten uns das Bauwerk von innen ansehen. Das Lichtspiel draußen einerseits, und der enorme bauliche Aufwand andererseits nötigten uns dann schon einiges Staunen ab. Der Hauptbahnhof ist wirklich riesengroß und lässt durchaus Erinnerungen an manche futuristischen Filmsets aus Science Fiction (oder alten Bond-!) Filmen wach werden. (Von dem schlimmen Gewaltakt bei der Veranstaltung habe ich erst am Tag danach im Radio erfahren.)
Heute ging es dann markenspektakeltechnisch direkt mit dem Red Bull Air Race auf dem Berliner "Zentralflughafen" Tempelhof weiter. Auch hier eine z.T. wirklich atemberaubende Show, bei der die Piloten mit ihren Flugzeugen auf eine Art und Weise umgingen, wie ich es persönlich wirklich noch nie erlebt habe. Wenn erfahrene Kampfpiloten kleine einmotorige Maschinen geradezu waghalsig und gegen die Uhr durch einen Flugparcours prügeln, dann kann man schon ziemlich staunen. (Flickr) (Technorati)
Nun stellt sich die Frage, ob diese Form von Marketing eigentlich überhaupt zeitgemäß ist? Ein solch enormer Mittelaufwand - wird da auch der entsprechende ROI entstehen? Beim Hauptbahnhof kann man das natürlich so eng nicht rechnen. Das Gebäude ist mehr als nur ein Repräsentationsobjekt der Bahn, es ist vielmehr auch und gerade ein zentrales neues Element im Zentrum der deutschen Hauptstadt, dazu ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Und da das so ist, finde ich es schon passend, so ein Gebäude auch mit einem großen Fest einzuweihen. Ganz gleich, was man von der Bahn hält, und ob man sich nun über den neuen Bahnhof freut oder ärgert, es ist ein imposantes Bauwerk, das von Besuchern aus aller Welt - und davon werden wir demnächst viele hier in der Stadt haben - bewundert werden wird.
Die Red Bull Sache bekommt meiner Ansicht nach auch deswegen Charme-Punkte, weil sie eben auch zum Teil der Begeisterung des Red Bull-Gründers Dietrich Mateschitz entstammt, der - als Flugverrückter - der Sache damit eine gewisse Glaubwürdigkeit gibt. Klar, die Marke gibt ein Drittel des Umsatzes für Marketing aus, und daher ist auch solch eine Veranstaltung trotz allem keineswegs nur Liebhaberei. Aber sie ist verrückt genug, um allein deswegen Begeisterung zu wecken.
Mein Fazit nach diesen beiden Veranstaltungen: Immer häufiger sind imposante Großveranstaltungen nicht mehr staatlich oder anderweitig öffentlich organisiert, sondern Teil der Kommunikationskonzepte großer Konzerne (Klar, die Bahn ist noch staatlich, aber das soll sich ja auch ändern.). Das sollte man einerseits kritisch beachten, denn wenn immer mehr öffentliche Aufmerksamkeit auf die Aktivitäten privater Konzerne gelenkt wird, dann ist das nicht unproblematisch. Andererseits ist es schön, dass es solche Veranstaltungen gibt, denn sie machen einfach Spaß. Und das kann man ja auch ruhig mal anerkennen.
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