Dr. Walter Carl, Forscher an der Northeastern University (Blog), hat eine neue Studie veröffentlicht, in der um "Mundpropaganda Agents" (wie die Mitglieder von BzzAgent oder TRND) geht. Vor nicht allzu langer Zeit hatte BzzAgent die Regeln geändert und fordert seither die "Agenten" auf, in ihren Gesprächen deutlich zu machen, dass sie im Auftrag eines Marketingunternehmens über Produkte sprechen. Dies geschah sicher vor allem, um wachsender Kritik zu begegnen, Buzz-Marketing Unternehmen würde Konsumenten verwirren und Unredliches betreiben. Aber natürlich geht man so einen Schritt nicht, ohne vorher zu prüfen, was das denn für Auswirkungen auf das Geschäft hat. Denn eigentlich - so das traditionelle Wissen über Mundpropaganda - funktioniert diese deshalb so gut, weil die Empfänger solcher Botschaften vom Gegenteil ausgehen, dass der Sprecher nämlich keine kommerziellen Interessen verfolgt.
Dr. Carl hat sich also im vergangenen Jahr der Sache angenommen und zu prüfen versucht, was passiert, wenn die Agents ihren Gesprächspartnern mitteilen, dass sie Agents sind.
Die Untersuchung verlief wie folgt: "Agents" wurden die Richtlinien zur Transparenz von BzzAgent sowie zwei Satz Visitenkarten von Dr. Carl zugeschickt, auf deren Rückseite ein individueller Code sowie eine URL für ein Umfrageformular angegeben waren. Der eine Satz waren Karten vom Typ 1 - für kampagnenbezogene Gespräche, der andere vom Typ 2 - für andere produktbezogene Mundpropaganda. Ein Hinweis auf BzzAgent wurde auf den Karten nicht gegeben. Die Agents wurden gebeten, die Karten bei ihren Konversationen mit Freunden, Bekannten etc. dabei zu haben und nach Ende einer sogenannten "WOM Episode" (also eines Austausches über Produkte/Marken/etc.) an die Gesprächspartner zu geben. (Für Austausch am Telefon sollten die Daten am Ende des Telefonats telefonisch übermittelt werden.)
Die Agents selbst haben über die entsprechenden Gespräche dann über die BzzAgent-Internetseite berichtet, während die Gesprächspartner mittels des auf den Karten angegebenen Online-Fragebogens der Universität zu dem Austausch befragt wurden. Dabei mussten sie ihr Einverständnis erklären, an einer wissenschaftlichen Untersuchung teilzunehmen. Dass die Studie in Zusammenarbeit mit BzzAgent durchgeführt wurde, haben sie erst am Ende der Umfrage erfahren. So wurde sichergestellt, dass sie ausschließlich durch den Agent erfahren würden, dass er/sie ein Mitglied bei BzzAgent ist. Es gab bei der Untersuchung 956 ausgefüllte Fragebögen von Agenten und 265 von Gesprächspartnern.
Die Ergebnisse: 75% der Gesprächspartner erklärten, dass es ihnen egal sei, ob sie mit jemandem sprechen, der mit einer Marketingorganisation in Verbindung steht. Entscheidend sei ausschließlich, dass/bzw. ob sie der entsprechenden Person vertrauen würden und ob diese Person ihnen gegenüber loyal sei und relevante Informationen liefere. 5% haben sich enttäuscht geäußert, als sie erfahren haben, dass der Agent für eine Marketingfirma tätig ist. (Leider präzisiert das Paper über die Studie nicht, ob das ausschließlich bei Leuten der Fall war, die dies im Nachhinein erfahren haben, oder generell auch dann, wenn es in den Gesprächen herauskam.) Unabhängig davon, ob ein Agent seine Zugehörigkeit zu BzzAgent mitteilt oder nicht, haben 75% der Befragten erklärt, dass die entsprechenden Gespräche die Glaubwürdigkeit anderer Informationsquellen (Werbung in Print/TV/Radio/Web) erhöht hätten. Interessant ist, dass es durchaus Abweichungen der Angaben zur Transparenz gab - in insgesamt 77% der Fälle waren Agent und Gesprächspartner in der Berichterstattung einig darüber, ob oder ob nicht mitgeteilt worden war. In 17% der Fälle gaben die Agenten an, sie hätten ihre Mitgliedschaft mitgeteilt, während die entsprechenden Gesprächspartner das Gegenteil erklärten.
Die Verbindung zu BzzAgent kam auf verschiedene Weisen zutage: Wenn die Gesprächspartner schon von der Verbindung wußten, haben die Agents in 75% der Fälle nochmal direkt mitgeteilt, dass sie Agents sind. In 7% der Gespräche haben die Partner danach gefragt (erstaunlich: wie wahrscheinlich wäre es in Deutschland, dass jemand fragt: "Sag mal, erzählst Du mir das, weil Du für eine Buzz-Marketing-Firma arbeitest?" ;-) Da scheint BzzAgent in den USA schon einiges mehr an Bekanntheit erreicht zu haben.). Interessant und auch etwas seltsam sind diese Zahlen: In Gesprächen, die sich nicht um BzzAgent-Projekte drehten, war die Wahrscheinlichkeit viermal höher, dass sich das Thema "Mitgliedschaft bei BzzAgent" gemeinsam ergab. Demgegenüber war die Wahrscheinlichkeit viermal höher, dass der Gesprächspartner nach einer Mitgliedschaft fragt, wenn es sich um Gespräche innerhalb einer BzzAgent-Kampagne handelte. Sehr lustig: das legt nahe, dass die Agents in diesen Fällen sehr ungeschickt oder seltsame Mundpropaganda gemacht haben, so dass die Gesprächspartner gefragt haben "Heh, sag mal, machst Du Marketing für die, oder warum erzählst Du mir das?"
Ob diese Ergebnisse auch in einem deutschen Kontext so funktionieren würden, kann ich nur schwer beurteilen. Da wäre es interessant zu erfahren, was die Kollegen bei TRND für Erfahrungen mit der Sache gesammelt haben.
In der Studie wurde noch einiges anderes untersucht, u.a. dazu, welche Unterschiede bestehen zwischen Beziehungspartnern, Bekannten/Freunden und Fremden, mit denen es zu Gesprächen über Produkte/Marken kam. Wer sich für alle Details interessiert - hier geht's weiter zur Studie.