Um das digitale Mundpropaganda-Potenzial der Blogosphäre "anzuzapfen", machen inzwischen weitere Unternehmen in Deutschland erste Schritte im Bereich "Corporate Blogging". Das Frosta-Blog war ja von vielen als interessanter Anfang gewertet worden - insbesondere, weil ganz deutlich der Eindruck entstand, dass die Mitarbeiter tatsächlich "frei Schnauze" darin schreiben können. So wie es aussieht, wird das Blog vom Unternehmen als eine Art "imprompte Marktforschung" verwendet, um schnelle Konsumentenmeinungen einzuholen. Das geht dabei fast bis zum Open Source Marketing.
Andere, die jetzt mitmachen, sind Yahoo, mit einem "deutschen Search-Blog". Seit 14.7. gibt es aber erst einen Eintrag, der einen neuen Übersetzungsservice in der Yahoo-Suche ankündigt. Nicht so fein: es gibt keine Trackback-Funktion. (Via PR-Blogger.) Dann ist die Firma Logitech jetzt mit einem eigenen Blog dabei, mit dem - na, das musste wohl sein - bLogitech. ;-) Es ist das Blog zum Cordless-Club. Der Werbeblogger berichtet, dass es sich hier - anders als bei Frosta - nicht um ein echtes Corporate Blog handelt, in dem Leute aus dem Unternehmen Kontakt nach draußen suchen, sondern dass hier "PR-lastig" bezahlte Autoren allgemein über interessante Gadgets schreiben. Und dass der PR-Blogger und die Webguerillas dran beteiligt sind. Also nicht uninteressant, aber bei weitem nicht so mutig wie die Frosta-Leute.
Insgesamt (insbesondere durch einen durchdachten Post im MEX-Blog, zum viralen Potential von Blog-Nachrichten) sehe ich Corporate Blogs heute vor allem als neues und sehr viel direkteres Kontaktmedium für den Austausch mit Kunden. Im Sinne von Cluetrain werden sich die Kommunikationserwartungen der Konsumenten an den Austausch mit Unternehmen im Internet weiterentwickeln: man sucht und wünscht sich endlich den menschlichen Austausch, den man im schrecklichen maschinellen Call Center eben doch nie bekommen hat. Die Unternehmen, die auf diese Erwartungen mit gut gemachten und interessanten Blogs antworten können, sollten dann mittelfristig in der Gunst der Kunden vorn sein.
Und eine persönliche Bemerkung noch: auf irgendeinem Blog habe ich kürzlich mehrfach gesehen, dass recht aggressiv darauf verwiesen wurde, dass es das Blog heiße, und nicht der Blog. Grundsätzlich stimme ich zu, dass man sich beim Geschlecht von Wörtern an den deutschen Übersetzungen der englischen Ursprüngswörtern halten sollte (WebLog - also das Web Logbuch, Neutrum). Als die Leute damals alle anfingen, von der Website zu sprechen, habe ich auch eine Weile dagegen angekämpft (meiner Ansicht nach ist "Site" vom Charakter eher der Platz/Ort, und weniger die Stelle, also sollte es eigentlich der Website sein), hab's allerdings irgendwann hoffnungslos wieder aufgegeben. Aber nun versuche ich also Blogs als Neutrum zu behandeln... Aber ich muss zugeben, dass mir das doch schwer fällt. Der Blog passt mir irgendwie eher... ;-)
Und übrigens: In einem Artikel der W&V vom 7.7.05 heißt es, dass Uli Veigel, der Grey CEO, "Below-the-Line Aktivitäten wie virales Marketing, Internet-Communities oder Blogs" als Mittel sieht, um für Zigarettenmarken auch nach den jetzt anstehenden Werbeverboten weiter Werbung zu machen. Interessant - consumer generated media und content nun auch bei Grey? Das ist ja Kulturrevolution! (Ich habe übrigens fast zwei Jahre bei Grey in Düsseldorf gearbeitet und P&G betreut.)