Wer die aktuelle McDonald's-Werbung gesehen hat, wird die Verwendung der sogenannten "Scouts" als Testimonials bemerkt haben. "Normale Menschen", Kunden also, erhalten Einblicke in die Herstellung der McDonald's-Produkte und sollen dann mit glaubwürdigen Testimonials in der Werbung vermitteln, wie gut die Produkte von McDonald's wirklich sind.
Natürlich ist die Verwendung von derartigen Testimonials immer eine heikle Angelegenheit: wer kennt nicht die furchtbaren Aussagen im Supermarkt vor dem Süßigkeitenregal oder an der verkalkten Waschmaschine, die ganz offensichtlich ganz und gar nichts mit tatsächlichen Verbrauchermeinungen zu tun haben. Es könnte aber sein, dass es bei McDonald's ein wenig anders aussieht. Ich will meine Hand nicht dafür ins Feuer legen - aber die Leute, die da gezeigt werden, kommen recht realistisch rüber.
Aber die Wirkung der Testimonials in der Werbung ist nur eine Facette - viel mehr hat mich interessiert, ob denn diese ausgewählten Leute auch für die Beeinflussung von Mundpropaganda ausgewählt werden. Aber danach sieht es leider überhaupt nicht aus: Neugierig habe ich www.mcdonalds.de/scouts besucht, denn dort kann man sich als Scout bewerben. Ich wollte wissen, ob das Unternehmen beim Auswählen dieser Scouts in seinem Fragebogen auch nach entscheidenden Kriterien fragt, die ermitteln lassen, ob man es mit einflussreichen Konsumenten ("influentials" / "influential customers") zu tun hat. Wenn man nämlich solche Leute - also Menschen, die einen höheren Einfluss auf die Konsumentscheidungen ihrer Mitmenschen als andere haben - an das Unternehmen bindet und involviert, kann man erstaunliche Mundpropaganda-Ergebnisse erzielen (Seed Marketing). Zu diesem Zweck kann man Fragen stellen wie "Veröffentlichen Sie Meinungen zu Produkten im Internet?" oder "Führen Sie einen Blog?", oder auch "Mit wievielen Menschen stehen Sie im regelmäßigen Email-Austausch?". Oder man könnte sich an stärker psychologisch ausgerichteten Tests oder am Recruiting-Fragebogen von Tremor orientieren.
Aber schade, nichts dergleichen. Der Fragebogen fragt nur danach, warum man sich für das Programm interessiert, welche Meinung man bereits zu den Produkten hat, und was man bereits über Lebensmittel und gesunder Ernährung weiß. Es findet also keinerlei "influencer profiling" statt. Dabei glaube ich, dass die Wirkung effektiv rekrutierter Influentials die Wirkung der TV-Werbung extrem verstärken könnte.
Hier verpasst McDonald's meiner Ansicht nach eine Chance für Mundpropaganda-Marketing. (Es sei denn, das Profiling findet zu einem späteren Zeitpunkt im Auswahlverfahren statt.)