Die aktuelle Ausgabe des Economist (02.04.2005) behandelt das Thema „Konsumentenmacht“ in der Titelgeschichte. Unter der Überschrift „A Survey of Consumer Power“ werden Entwicklungen beschrieben, welche auch und gerade der Markenkommunikation mittels Mundpropaganda – also Viral, Buzz und Word of Mouth Marketing – eine stetig wachsende Bedeutung zukommen lassen: Die Konsumenten sind, so der Tenor des Artikels, nicht länger bereit, sich aufgrund von Werbeaussagen aus Anzeigen und dem Rat eines Verkäufers im Geschäft ihres Vertrauens zu Kaufentscheidungen überzeugen zu lassen. Vielmehr sind sie, als „empowered consumers“, heute in der Lage, sich gerade mittels World Wide Web umfassend und intensiv zu informieren. Sie lesen Verbauchermeinungen, Testberichte, hören sich in Foren um. Anschließend kommen sie mit fertig ausgedruckten Spezifikationen ins Geschäft und wollen dort genau das Auto oder den Computer, zu dem Preis, den sie als angemessen ermittelt haben.
Interessant ist, dass der Artikel das gesamt Feld der Mundpropaganda bzw. des Word of Mouth Marketing nur streift. Die Blogs werden erwähnt und der Umstand, dass es für Microsoft ein riskantes aber letztlich richtiges Unterfangen war, Robert Scoble als Promi-Blogger zu beschäftigen. Richard Branson und seine PR-Umtriebigkeit werden genannt. Aber abgesehen davon findet die gesamte Marketing-Welt, die von den Mitgliedern der VBMA vertreten wird, in dem Artikel so gut wie überhaupt nicht statt. Dafür kommen wieder die üblichen Verdächtigen zu Wort – Saatchi & Saatchis CEO Kevin Roberts darf erklären, dass die Agenturen heute mehr Freiraum hätten, ihre spannenden Ideen zu verwirklichen. Der Direkt-Marketer Draft (von Draft Worldwide) besteht darauf, dass sein Geschäft die Zukunft des Marketing sei (wegen des genauen Targetings, etc.). Ein Robin Kent von Universal McCann erklärt lapidar: „Der Media-Planer wird die wichtigste Person auf dem Planeten.“ (Also mit Verlaub...) Richard Edelman, der alte PR-Fuchs, darf mitteilen, dass „die PR nun die Startbahn erzeugt, auf der die Werbekampagne abheben kann“. Illustriert wird dies anhand des Launches von Halo 2, der deswegen so erfolgreich gewesen sei, weil Edelman das Spiel vor dem Launch an eine ausgewählte Gruppe eingefleischter Gamer verteilt habe. Na immerhin – eine Seeding-Kampagne! Aber ob es daran lag, an ilovebees, oder einfach daran, dass alle heiß auf den Nachfolger eines sehr erfolgreichen Computer-Spiels (Halo) waren, wird nicht beantwortet.
Kurz und gut: Ich bin erstaunt, wie wenig die Journalisten tatsächlich mitbekommen haben. Darüber, dass gezielte Arbeit mit der Kommunikation der Kunden untereinander in diesem Konsumklima vielleicht der Weg ist, der am meisten Erfolg verspricht.