Neben der gestern diskutierten Frage, welche Art der Motivation vorliegen sollte, um Menschen zur Mundpropaganda anzuregen, gibt es noch ein damit verwandtes und ebenfalls brisantes Thema: Transparenz
Wie öffentlich muss sich ein Unternehmen in seinen Mundpropaganda-Bemühungen dazu bekennen, dass es Marketing-Aktivitäten ausübt? Wieviel Transparenz ist notwendig?
Hier tut sich ein Dilemma auf. Echte Mundpropaganda ist deshalb glaubwürdig und beliebt, weil sie üblicherweise von jemandem kommt, der selber keine direkten Verkaufsinteressen hat. Ein Freund empfielt einen Kinofilm, weil er ihn gut findet, und nicht, weil er Aktien der Kinokette hat. (Sollte letzteres der Fall sein, wäre es unter Umständen angeraten, den Freund zu wechseln.)
Wie geht man nun aber als Unternehmen vor, wenn man Mundpropaganda anregen will? Irgendwo muss man ja mit der Konversation beginnen. Ein solcher Beginn der Konversation ist aber, anders als die "echte Mundpropaganda", mit einem klaren Geschäftsziel verbunden. Damit weniger glaubwürdig und also auch weniger geeignet, weiter verbreitet zu werden.
Was tun?
Daher gibt es viele Unternehmen, die in diesen Gesprächen vorgeben, sie seien jemand anders. Beliebte Beispiel sind Chat-Room Infiltrationen und falsche Fan-Kommentare im Internet.
Eigentlich ganz einleuchtend - als Marketing-Mensch tut man so, als sei man begeisterter Fan, schreibt sich mit aufgesetzter Begeisterung die Finger wund, die Gemeinde merkt begierig auf und kauft in Scharen.
Naja, leider eben nicht. Oder nicht immer. Und vor allem - in vielen Fällen merken die Leute, was abgeht. Denn Blogger und andere aufmerksame Beobachter sind eine pfiffiges Völkchen und bekommen sehr schnell mit, wenn falsche Begeisterung vorgetäuscht wird. Und wenn das erstmal die Runde macht, dann ist der Schaden ungleich größer und am Schluss ist die ganze Sache sehr peinlich für das Unternehmen, wie kürzlich für Mazda. Blog Consultant Rick Bruner hat sogar einen eigenen Unter-Blog eingerichtet, über "falsche Blogs".
Also: niemals heimlich arbeiten? Nein, so einfach ist es auch nicht. Es gibt nämlich durchaus Spielarten des Viral, Buzz oder Word of Mouth Marketing, die zu recht sehr gut damit funktionieren, dass eine gewisse Heimlichkeit an den Tag gelegt wird. Insbesondere in den USA beginnen die Agenturen damit, sogenannte "Alternative Reality Games" oder auch "Viral Narratives" für ihre Kunden zu entwickeln. Es handelt sich dabei um ausgeklügelte Spiele-Universen, die sich z.T. über mehrere Internetseiten erstrecken und eine interessierte Web-Gemeinde dazu einladen, gemeinsam an der Lösung von Rätseln zu arbeiten. Die Rätsel werden zunehmend auch in die reale Welt verlegt, mit Hinweisen und Tipps, die man findet, indem man beispielsweise einen mittels GPS-Positionierung bezeichneten Ort aufsucht. Hier wäre es fatal, wenn das Unternehmen überall sein Logo anbringen würde. Und hier wird auch nicht unbedingt kritisiert, wenn sich schließlich herausstellt, dass die ganze Sache auf eine Marketing-Aktion eines Unternehmens zurückgeht.
Was ist also zu tun? Ich würde eine Regel vorschlagen, die ich von Brian Clark - seines Zeichens ausgemachter Experte für Viral Narratives - übernommen habe:
Heimlichtuerei ist dann in Ordnung, wenn es die Kunden nicht stört, die Wahrheit herauszufinden. Oder wenn es sogar die Absicht war, dass die Kunden irgendwann merken, wer dahinter steckt. Wenn jedoch damit zu rechnen ist, dass die Kunden erbost, verärgert, enttäuscht reagieren, wenn sie das falsche Spiel durchschauen, dann sollte man auf diese Art der Intransparenz lieber verzichten.
Das Thema wird bei den unterschiedlichen Facetten des Word of Mouth Marketing immer wieder aufkommen - dies also als eine Art Vorbemerkung.